Krass: Ausgewandert und dann ein Steuerstrafverfahren am Bein!
Viele Mandanten denken, dass nach einem Umzug ins Ausland keine steuerlichen Verpflichtungen in Deutschland mehr bestehen. Doch gerade bei der Verlagerung von Unternehmenstätigkeiten ins Ausland ergeben sich zahlreiche steuerliche Herausforderungen, die oft unterschätzt werden.
Ein aktueller Fall zeigt, wie wichtig eine sorgfältige Planung und umfassende Beratung vor dem Wegzug sind. Fehler können nicht nur zu hohen finanziellen Belastungen führen, sondern auch zu komplexen Steuerstrafverfahren in Deutschland.
Key Takeaways
Sorgfältige steuerliche Planung vor einem Wegzug ist unverzichtbar.
Fehler bei der Unternehmensverlagerung ins Ausland können erhebliche Folgen haben.
Eine unzureichende Beratung erhöht das Risiko von Steuerstrafverfahren.
Situation des Mandanten vor dem Steuerverfahren
Wohnsitzverlagerung ins Ausland
Der Mandant hat seinen Lebensmittelpunkt dauerhaft von Deutschland nach Singapur verlegt. Dort wohnte er nicht nur, sondern führte von Singapur aus persönlich seine unternehmerischen Tätigkeiten fort. Nachweise wie Mietverträge, lokale Ausgaben und die tatsächliche Anwesenheit vor Ort konnten dies belegen.
Immobilienbesitz und Verwaltung in Deutschland
Die Person verfügte weiterhin über mehrere Immobilienobjekte in Deutschland. Zur Verwaltung dieser Immobilien betrieb er eine deutsche Kapitalgesellschaft, die als zentrale Anlaufstelle für alle Belange der Objekte diente. Die durch diese Gesellschaft erwirtschafteten Umsätze und Gewinne blieben jedoch auf einem eher niedrigen Niveau.
Übersicht: Immobilienstruktur
Land Anzahl Immobilien Verwaltungsgesellschaft Deutschland mehrere GmbH mit Sitz in Deutschland
Neue Firmenkonstruktionen in Deutschland und Singapur
Nach seinem Wegzug gründete der Mandant in Singapur eine weitere Gesellschaft, um die Hausverwaltungstätigkeiten künftig aus dem Ausland zu steuern. Die Hausverwaltung wurde dabei sukzessive von der deutschen auf die singapurische Gesellschaft übertragen. Neben dem Mandanten waren in Asien zudem mehrere Teilzeitkräfte für ihn tätig.
Durch die Geschäftsführung aus Singapur wurden sämtliche Aufgaben wie Kontakt zu Mietern und Verwaltungsabläufe von dort übernommen. Die singapurische Gesellschaft verfügte jedoch über keine eigenen Büroflächen, sondern war bei einem lokalen Dienstleister registriert. Dies führte später zu Diskussionen mit den deutschen Steuerbehörden über den tatsächlichen Geschäftsbetrieb und die Betriebsstätte.
Stichpunkte: Unternehmensführung
Transfer der operativen Tätigkeiten nach Singapur
Registrierung der Gesellschaft bei einem örtlichen Serviceanbieter
Keine eigenen Büro- oder Geschäftsräume vorhanden
Weitere Rolle als Geschäftsführer der deutschen GmbH blieb bestehen
Wichtige Aspekte
Grenzüberschreitende Unternehmensstrukturen
Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Singapur
Prüfung durch deutsche Behörden bezüglich Betriebsstätte und Briefkastengesellschaft
Steuerliche Herausforderungen bei Wohnsitzwechsel ins Ausland
Steuer auf Wegzug von Unternehmen
Bei der Verlagerung des Wohnsitzes ins Ausland wird die sogenannte Wegzugsbesteuerung relevant. Wenn Geschäftsanteile oder Funktionen ins Ausland übertragen werden, muss geprüft werden, ob stille Reserven in Deutschland zu versteuern sind. Besonders bei der Verlagerung von betrieblichen Aktivitäten kann das Finanzamt Nachforderungen erheben, wenn der steuerpflichtige Status sich ändert und Werte das Land verlassen.
Kurzüberblick:
Steuerpflicht für stille Reserven bei Wegzug
Gilt für natürliche Personen sowie für Unternehmen
Nachweispflichten an das Finanzamt
Besteuerung bei Funktionsverlagerung ins Ausland
Bei der Überführung von Unternehmensfunktionen ins Ausland greift die sogenannte Entstrickungsbesteuerung. Hierbei wird besteuert, wenn Vermögenswerte oder wirtschaftliche Aktivitäten vom deutschen Unternehmenssitz ins Ausland übertragen werden. Das Finanzamt prüft genau, ob hier ein steuerlicher Vorgang vorliegt, der zu einer Steuerpflicht führt.
Typische steuerpflichtige Vorgänge:
Vorgang Steuerliche Folge Übertragung der Hausverwaltung an eine ausländische Gesellschaft Besteuerung des Gewinnpotenzials in Deutschland Nicht korrekte Abwicklung der Verlagerung Strafverfahren oder hohe Nachzahlungen
Besondere Sorgfalt ist erforderlich, um steuerliche Nachteile und mögliche Strafverfahren zu vermeiden.
Auswirkungen des Doppelbesteuerungsabkommens Deutschland–Singapur
Das Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen Deutschland und Singapur regelt, wo Einkünfte versteuert werden müssen. Trotz vorhandener Mitarbeiter und wirtschaftlicher Aktivitäten in Singapur kann das deutsche Finanzamt prüfen, ob tatsächlich eine Betriebsstätte vorliegt. Fehlt ein echtes Büro oder eine feste Organisation in Singapur und handelt es sich nur um eine Briefkastenfirma, kann das Finanzamt die Besteuerung weiter in Deutschland verlangen.
Wichtige Punkte:
DBA schützt nicht automatisch vor deutscher Steuerpflicht
Echte wirtschaftliche Aktivitäten und Organisation im Ausland sind erforderlich
Die Definition der Betriebsstätte ist entscheidend für die Steuerpflicht
Beispielhafte Anforderungen für eine anerkannte Betriebsstätte:
Existenz eines eigenen Büros
Angestellte im Ausland
Eigenständige wirtschaftliche Tätigkeit außerhalb Deutschlands
Mit diesen Aspekten vermeidet man unerwartete steuerliche Belastungen beim Wechsel ins Ausland.
Untersuchung und Ablauf des steuerlichen Ermittlungsverfahrens
Anzeige durch einen Geschäftspartner als Auslöser
Der Beginn des Steuerverfahrens erfolgte durch eine Meldung eines Geschäftspartners. In einem geschäftlichen Konflikt griff dieser auf das Instrument der Anzeige zurück und teilte den deutschen Steuerbehörden mit, dass eine vermeintliche Steuerhinterziehung im Ausland vorliegt. Das Verfahren wurde ohne eine vorherige genaue Prüfung der Vorwürfe eröffnet und führte unmittelbar zu weiteren Nachforschungen durch die Behörden.
Überprüfung des steuerrechtlichen Lebensmittelpunkts
Ein zentraler Aspekt der Ermittlungen war die Feststellung des tatsächlichen Wohnsitzes. Die Behörden prüften detailliert, ob sich der betreffende Unternehmer dauerhaft ins Ausland begeben hatte. Für diesen Nachweis verlangten sie verschiedene Dokumente und Belege, beispielsweise Mietverträge, Kreditkartenabrechnungen und andere Nachweise über eine echte physische Präsenz am neuen Wohnort. Die lückenlose Dokumentation des Aufenthalts war für die Anerkennung des Wegzugs entscheidend.
Benötigte Nachweise Beispiele Mietverträge Wohnsitz im Ausland belegt Kreditkartenabrechnungen Regelmäßige Ausgaben am neuen Wohnort Arbeitsunterlagen Nachweis über tatsächliche Tätigkeit vor Ort
Sammlung und Verifizierung von Aufenthaltsnachweisen
Die Ermittler wollten außerdem klären, ob die Tätigkeit im Ausland wirklich ausgeführt wurde. Dazu kontrollierten sie nicht nur die persönlichen Lebensumstände, sondern prüften auch, ob das im Ausland gegründete Unternehmen über eine reale Betriebsstätte verfügte. Hierbei legten sie Wert auf Belege wie die Existenz eines Büros oder die Beschäftigung von Mitarbeitern vor Ort. Das Fehlen eines eigenen Büros und die Nutzung eines Büroservices wurden kritisch betrachtet und als Hinweis auf eine Briefkastengesellschaft gewertet.
Nachweispflichten:
Eigene Büroräume
Tätige Mitarbeiter im Ausland
Praktische Ausübung der Geschäftsleitung vor Ort
Die Ergebnisse dieser Überprüfung hatten einen direkten Einfluss auf die steuerliche Beurteilung durch die Behörden.
Einschätzung der Niederlassung und Unternehmensstruktur
Abgrenzung der festen Geschäftseinrichtung
Ob eine Betriebsstätte im Ausland vorliegt, hängt maßgeblich davon ab, ob die Gesellschaft dort eine feste Einrichtung zur Ausübung ihrer Geschäftstätigkeit unterhält. Dabei prüft das Finanzamt, ob beispielsweise ein eigenes Büro, ein Sitzungszimmer oder zumindest ein erkennbares Firmenschild existieren. Fehlen diese Merkmale, wie bei einem Domizilierungsservice ohne reale Geschäftsräume, wird der Charakter als eigenständige Betriebsstätte in Frage gestellt.
Eine Übersicht der Kriterien:
Kriterium Erfüllt Bemerkung Eigenes Büro Nein Tätigkeit von Zuhause Firmenschild Nein Kein sichtbarer Firmensitz Mitarbeiter vor Ort Teilweise Teilzeitkräfte aus Asien Betrieb durch Unternehmer Ja Permanente Anwesenheit in Singapur
Fragestellungen bei Scheinunternehmen
Ein häufiges Problem ist die Einstufung von Auslandsgesellschaften als sogenannte Briefkastengesellschaften. Diese Annahme entsteht, wenn keine echten betrieblichen Strukturen nachweisbar sind. Die Nutzung eines Bürodienstleisters, bei dem lediglich ein Firmensekretär gestellt wird, genügt den Finanzbehörden in vielen Fällen nicht.
Das Risiko einer Fehlbewertung besteht darin, dass sämtliche Umsätze und Gewinne der Gesellschaft weiterhin der deutschen Besteuerung unterliegen – trotz tatsächlicher Auslandsaktivität. Insbesondere das Fehlen eines wirklichen Büros sowie das Arbeiten aus dem Homeoffice im Ausland sind hierfür maßgebliche Anhaltspunkte.
Typische Merkmale einer Briefkastengesellschaft:
Kein physischer Arbeitsplatz
Nur juristische Anschrift bei einem Dienstleister
Keine dauerhafte Vertretung oder echte Verwaltung vor Ort
Organisation und Tätigkeitsschwerpunkt in Singapur
In Singapur fand die Ausübung der unternehmerischen Tätigkeiten tatsächlich statt. Dazu zählte die tägliche Kommunikation mit Mietern, Problemlösungen und der Betrieb durch eigenes Personal vor Ort. Ein Teil der Arbeit erfolgte von privaten Wohnräumen aus; unterstützende Mitarbeitende waren in Asien teils auf Teilzeitbasis tätig.
Fakten zur Geschäftsführung:
Der Unternehmer war dauerhaft in Singapur ansässig.
Kommunikation und operative Steuerung fanden aus Singapur heraus statt.
Es existierten mehrere in Asien beschäftigte Mitarbeiter, auch wenn kein klassisches Büro eingerichtet wurde.
Die Behörden stellten trotzdem maßgeblich darauf ab, ob eine „greifbare“ Betriebsstätte vorliegt, um steuerliche Konsequenzen für die gesamte Firmenstruktur festzulegen.
Konsequenzen eines Steuerstrafverfahrens
Nachforderungen deutscher Steuern
Wird ein Steuerstrafverfahren eingeleitet, können umfangreiche Steuernachforderungen entstehen. Die deutschen Behörden können festlegen, dass sämtliche Umsätze und Gewinne, die eigentlich im Ausland erwirtschaftet wurden, nachträglich in Deutschland versteuert werden müssen. Auch die Umsatzsteuer wird rückwirkend erhoben, selbst wenn die Tätigkeit tatsächlich im Ausland durchgeführt wurde.
Ein Beispiel dazu zeigt:
Art der Nachforderung Beschreibung Einkommensteuer Gewinne und Umsätze im Ausland werden nachträglich in Deutschland besteuert Umsatzsteuer Umsatzsteuer auf alle Leistungen, die als in Deutschland erbracht gelten
Ausgaben für rechtliche und steuerliche Vertretung
Mit einem Steuerstrafverfahren gehen erhebliche Ausgaben für Fachleute einher. Typischerweise müssen sowohl Anwälte als auch spezialisierte Steuerberater beauftragt werden. Diese Kosten summieren sich schnell und sind besonders hoch, wenn internationale Sachverhalte verständlich und vollständig geprüft werden müssen.
Kosten für Anwälte und Steuerberater
Zusätzliche Aufwände zur Klärung internationaler Steuerfragen
Honorare für Gutachten und Dokumentenbeschaffung
Tipp: Wer sich vorher gut beraten lässt, kann einige dieser Kosten vermeiden.
Einigung mit den Behörden und Verfahrensverlauf
Es besteht die Möglichkeit, dass die Steuerbehörden ein sogenanntes Vergleichsangebot unterbreiten, um das Verfahren gegen bestimmte Auflagen einzustellen. Im erhobenen Fall wurde ein Deal angeboten: Die gesamten Umsätze würden in Deutschland versteuert, im Gegenzug konnte ein großer Teil der Reisekosten abgesetzt werden.
Ablauf eines Vergleichsangebots:
Die Behörden legen Bedingungen für das Einstellen des Verfahrens fest.
Der oder die Betroffene muss sich verpflichten, umfassend nachzuzahlen und bislang nicht abgesetzte Steuern zu entrichten.
Bei Einwilligung entfällt das Risiko weiterer strafrechtlicher Konsequenzen, aber die finanziellen Belastungen bleiben hoch.
Die Entscheidungsfreiheit bei einem solchen Angebot ist oft begrenzt, da der Druck durch das laufende Verfahren sehr groß ist.
Wichtige Erkenntnisse und Empfehlungen für künftige Auswanderer
Steuerliche Vorausplanung ist unerlässlich
Eine ganz genaue und frühzeitige steuerliche Planung vor dem Wegzug ist entscheidend. Wer Unternehmenswerte, Immobilien oder andere Vermögenswerte in Deutschland besitzt, sollte eine strukturierte Exit-Strategie entwickeln. Dabei dürfen steuerliche Fragen wie Entstrickungsbesteuerung oder Wegzugssteuern nicht vernachlässigt werden.
Checkliste für die steuerliche Planung:
Vorhandene Unternehmensbeteiligungen analysieren
Eventuelle Steuerverpflichtungen beim Wegzug ermitteln
Übertragung von Unternehmensfunktionen ins Ausland dokumentieren
Steuerliche Konsequenzen im Zielland prüfen
Unternehmensfunktionen richtig ins Ausland verlagern
Bei einer Unternehmensverlagerung ins Ausland spielt die korrekte und transparente Umsetzung eine zentrale Rolle. Behörden prüfen, ob wirklich eine aktive Geschäftstätigkeit im neuen Land erfolgt oder ob es sich um eine reine Briefkastengesellschaft handelt.
Kriterium Erforderlich für Anerkennung der Verlagerung Eigene Büroräume/Büroadresse Ja Vollständige Dokumentation der Verlagerung Ja Nachweis aktiver Geschäftstätigkeit Ja Unabhängige Mitarbeiter im Ausland Empfehlenswert
Unternehmen sollten vermeiden, ohne ausreichenden Nachweis der Auslandsaktivität oder mit nur virtuellen Büros zu agieren.
Unverzichtbarkeit professioneller Unterstützung
Kompetente Beratung durch erfahrene Steuerexperten ist für einen reibungslosen Wegzug unerlässlich. Fehler durch nicht abgestimmte oder fehlende Beratung können hohe Nachzahlungen und langwierige Verfahren nach sich ziehen.
Vorteile professioneller Begleitung:
Korrekter Umgang mit komplexen steuerlichen Anforderungen
Kommunikation mit Finanzbehörden
Sicherheit bei der Übertragung von Wirtschaftsgütern und Unternehmensfunktionen
Rechtzeitiges Erkennen möglicher Fallstricke
Empfohlen wird, vor jeder Unternehmens- oder Wohnsitzverlagerung frühzeitig fachkundigen Rat einzuholen, um langwierige und kostenintensive Auseinandersetzungen mit den Behörden zu vermeiden.