Wegzugsteuer für Freiberufler & Einzelunternehmer beim Auswandern vermeiden

Wer als Einzelunternehmer oder Freiberufler ins Ausland zieht und dabei seine Tätigkeit mitnimmt, begegnet häufig der sogenannten Entstrickungsbesteuerung. Dieses Thema betrifft insbesondere diejenigen, die ihre Geschäftsaktivitäten über die Landesgrenzen hinaus weiterführen möchten. Dadurch entsteht die Pflicht, das Unternehmensvermögen bewerten zu lassen und gegebenenfalls Steuern in Deutschland zu zahlen.

Die Berechnungsgrundlage orientiert sich am durchschnittlichen Gewinn der letzten drei Jahre, multipliziert mit einem festen Faktor. Es existieren jedoch Strategien, um die Steuerlast zu senken oder die Entstrickungsbesteuerung ganz zu vermeiden, zum Beispiel durch Umstrukturierung oder Aufgabe der Tätigkeit vor dem Wegzug. Individuelle Beratung durch einen Steuerexperten ist dabei essenziell, um Fallstricke zu vermeiden und optimale Lösungen zu finden.

Key Takeaways

  • Die Entstrickungsbesteuerung betrifft Selbständige bei Auslandsumzügen.

  • Eine gezielte Planung kann die Steuerlast verringern oder vermeiden.

  • Fachliche Beratung ist für eine reibungslose Umsetzung unerlässlich.

Was bedeutet Entstrickungsbesteuerung?

Begriffserklärung und gesetzlicher Rahmen

Die Entstrickungsbesteuerung betrifft Einzelunternehmer und Freiberufler, wenn diese ihren Betrieb oder ihre freiberufliche Tätigkeit ins Ausland verlagern. In diesem Fall betrachtet der deutsche Staat die mitgenommenen betrieblichen Werte als ins Ausland überführt. Solche Werte können Kundenbeziehungen, laufende Verträge oder der Firmenwert sein.

Vor dem Wegzug verlangt das Finanzamt eine Bewertung dieser Vermögenswerte, meistens auf Basis des durchschnittlichen Gewinns der letzten drei Jahre, multipliziert mit einem festen Faktor (beispielsweise 13,75). Daraus ergibt sich der steuerpflichtige Betrag, auf den Einkommensteuer zu zahlen ist. Ein Abzug für ein fiktives Unternehmergehalt kann diesen Betrag senken.

Bewertungsschritt Beispiel Durchschnittsgewinn 3 Jahre 100.000 € pro Jahr Multiplikator 13,75 Unternehmenswert 1.375.000 € Einkommensteuer (geschätzt) ca. 400.000 €

Abgrenzung zur Regelung bei Anteilen: Wegzugsbesteuerung

Im Gegensatz zur Entstrickungsbesteuerung erfasst die Wegzugsbesteuerung Anteile an Kapitalgesellschaften, etwa einer GmbH, wenn der Anteilseigner ins Ausland zieht. Schon der Besitz von mehr als 1% genügt, um die sogenannte Wegzugsbesteuerung auszulösen, unabhängig davon, ob die Gesellschaft tatsächlich umzieht oder weiter in Deutschland bleibt.

Während die Wegzugsbesteuerung auch passive Anteilseigner betrifft, richtet sich die Entstrickungsbesteuerung gezielt an aktive Selbstständige, die ihre Tätigkeit oder ihr Geschäft mit ins Ausland nehmen. Entstrickung greift bei Überführung von betrieblichen Werten, Wegzug bei Verlagerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Diese steuerlichen Regelungen gelten separat und betreffen unterschiedliche Personengruppen.

Wer unterliegt der Entstrickungsbesteuerung?

Selbstständige und Einzelunternehmer

Selbstständige und Einzelunternehmer, die ihren Betrieb oder ihre freiberufliche Tätigkeit ins Ausland verlagern, sind von der Entstrickungsbesteuerung betroffen. Entscheidend ist, ob wirtschaftliche Werte wie Kundenbeziehungen oder laufende Verträge ins Ausland „verlagert“ werden und damit der Zugriff des deutschen Fiskus auf künftige Gewinne wegfällt.

Wichtige Punkte auf einen Blick:

  • Die Entstrickungsbesteuerung kommt zur Anwendung, wenn das Unternehmen oder die Tätigkeit vollständig ins Ausland mitgenommen wird.

  • Bestandswerte wie der Unternehmenswert werden nach einer festen Formel ermittelt (z. B. durchschnittlicher Jahresgewinn der letzten drei Jahre multipliziert mit 13,75).

  • Es ist möglich, durch die Festlegung eines angemessenen Unternehmerlohns die steuerliche Bemessungsgrundlage zu mindern.

  • Wer seine freiberufliche oder selbstständige Tätigkeit rechtzeitig vor dem Wegzug aufgibt und als Angestellter weiterarbeitet, kann die Entstrickungsbesteuerung meist vermeiden.

Tipp: Die genaue steuerliche Gestaltung sollte immer mit einem Steuerberater abgestimmt werden, um spätere Auseinandersetzungen mit dem Finanzamt zu vermeiden.

Beteiligung an Kapitalgesellschaften

Wer Anteile an Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH oder ausländische vergleichbare Gesellschaften) hält, ist nicht direkt von der Entstrickungsbesteuerung, sondern von der sogenannten Wegzugsbesteuerung betroffen. Bereits ab einer Beteiligung von mindestens 1 % greift diese Heranziehung.

Zu beachten:

  • Es ist nicht ausschlaggebend, ob die Gesellschaft selbst ins Ausland verlegt wird. Allein die Verlagerung des Wohnsitzes des Anteilseigners ins Ausland ist maßgeblich.

  • Aktive Mitarbeit im Unternehmen ist nicht erforderlich – auch reine Anteilseigner sind umfasst.

  • Die Höhe der Beteiligung ist entscheidend: ab 1 % greift die Wegzugsbesteuerung.

Beteiligungsform Relevante Steuerart Schwellenwert Einzelunternehmen/Freiberufler Entstrickungsbesteuerung Übertragung wesentlicher wirtschaftlicher Werte ins Ausland Kapitalgesellschaft (z.B. GmbH) Wegzugsbesteuerung ab 1 % Anteil an der Gesellschaft

In beiden Fällen ist eine frühzeitige steuerliche Planung essenziell, um steuerliche Risiken zu minimieren.

Ermittlung der Wegzugsbesteuerung

Vorgehensweise und Kalkulationsformel

Bei der Wegzugsbesteuerung für Einzelunternehmer und Freiberufler wird der Wert des Unternehmens anhand einer festen Berechnungsmethode ermittelt. Es wird der durchschnittliche Jahresgewinn der letzten drei Jahre herangezogen und mit einem festgelegten Multiplikator, in der Praxis häufig 13,75, multipliziert.

Die Formel lautet somit:

Unternehmenswert = Durchschnittlicher Jahresgewinn (3 Jahre) × 13,75

Aus diesem Wert wird dann die steuerpflichtige Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer berechnet.

Steuerliche Einschätzung des Betriebsvermögens

Vor der Ermittlung des steuerlichen Werts können bestimmte Positionen, wie zum Beispiel ein fiktives Unternehmergehalt, vom durchschnittlichen Gewinn abgezogen werden. Dadurch reduziert sich die Bemessungsgrundlage, die mit dem Multiplikator multipliziert wird.

Beispielhafter Ablauf:

  1. Durchschnittlichen Gewinn der letzten drei Jahre berechnen

  2. Unternehmerlohn abziehen (falls anrechenbar)

  3. Ergebnis mit 13,75 multiplizieren

So kann die Steuerlast, je nach Höhe des Unternehmerlohns und branchenüblichem Vorgehen, stark gesenkt werden.

Jahr Gewinn (€) Jahr 1 120.000 Jahr 2 130.000 Jahr 3 100.000

Durchschnitt: (120.000 + 130.000 + 100.000) / 3 = 116.667 €

Abzüglich Unternehmerlohn, zum Beispiel: 110.000 €

Steuerliche Bemessungsgrundlage: 6.667 € × 13,75 = 91.671,25 €

Beispiel zur Steuerlastberechnung

Mit dieser Methode kann die steuerliche Auswirkung veranschaulicht werden. Nimmt man zum Beispiel einen durchschnittlichen Jahresgewinn von 100.000 €, ergibt das einen fiktiven Unternehmenswert von 1.375.000 €. Daraus kann eine Steuer in Höhe von etwa 400.000 € entstehen, je nach individuellem Einkommensteuersatz.

Wird jedoch ein angemessener Unternehmerlohn angesetzt, reduziert sich der zu versteuernde Betrag erheblich. Liegt der durchschnittliche Gewinn bei 150.000 € und der abziehbare Unternehmerlohn bei 140.000 €, bleibt eine Steuerbasis von 10.000 €. Die daraus resultierende Steuerlast ist entsprechend deutlich geringer und kann in bestimmten Konstellationen sogar entfallen.

Hinweis: Die tabellarische Darstellung und Beispielberechnungen dienen der Illustration typischer Abläufe im Rahmen der Wegzugsbesteuerung für Freiberufler und Einzelunternehmer. Steuerberater können dazu individuelle Empfehlungen geben.

Vorgehensweisen zur Umgehung der Entstrickungssteuer

Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit vor Wegzug

Viele Selbstständige und Freiberufler entscheiden sich, ihre unternehmerische Tätigkeit bereits sechs bis zwölf Monate vor dem geplanten Auslandsumzug zu beenden. Das Unternehmen oder die Freiberuflichkeit wird vollständig abgemeldet und die Tätigkeit eingestellt.
Vorteil: Da keine wirtschaftlichen Werte ins Ausland verlagert werden, entfällt die Grundlage für die Entstrickungsbesteuerung.

Schritt Beschreibung Gewerbeabmeldung Aufgabe der Selbstständigkeit vor Ausreise Betriebsbeendigung Keine aktive Unternehmung mehr im Inland Keine Funktionsverlagerung Kein Firmenwert wird exportiert

Wechsel in ein Angestelltenverhältnis

Statt selbstständig zu bleiben, wählen manche nach Aufgabe der Selbständigkeit ein Angestelltenverhältnis, etwa in einer GmbH. Dadurch sind sie zum Zeitpunkt des Wegzugs nicht mehr unternehmerisch aktiv.
Hinweis: Wer den Wechsel plant, sollte darauf achten, tatsächlich als Angestellter tätig zu sein und nicht bei denselben Kunden weiterzuarbeiten, um eine Scheinlösung zu vermeiden.

Wichtige Aspekte:

  • Vertragsverhältnis muss klar als Anstellung erkennbar sein.

  • Kontinuität mit früherer selbständiger Tätigkeit vermeiden.

Neuaufbau eines Unternehmens im Ausland

Ein alternativer Ansatz besteht darin, nach einer gewissen Wartezeit nach dem Umzug ein neues Unternehmen im Ausland zu gründen.
So wird vermieden, dass die vorherige Geschäftstätigkeit ins Ausland übertragen wird. Dadurch gibt es keine zu versteuernden stillen Reserven, die aus Deutschland herausgelöst werden könnten.

Vorteile:

  • Rechtliche Trennung zwischen altem und neuem Unternehmen

  • Geringeres Risiko von Nachfragen durch das Finanzamt

Zu beachten:

  • Eine sorgfältige Dokumentation der Unternehmensgründung und -abmeldung ist ratsam.

  • Rücksprache mit Steuerberater oder Rechtsanwalt wird dringend empfohlen.

Praktische Vorgehensweise und mögliche Probleme

Abstimmung mit Steuerexperten und Rechtsberatung

Eine sorgfältige Abstimmung mit erfahrenen Steuerberatern oder Anwälten ist essenziell. Schon kleine Unstimmigkeiten bei der Planung oder Umsetzung können zu unerwarteten steuerlichen Hürden führen. Es empfiehlt sich, vor jeglichen Maßnahmen immer eine individuelle Prüfung der eigenen Situation durch einen Spezialisten durchführen zu lassen.

Wichtige Punkte für die Abstimmung:

  • Klärung der steuerlichen Auswirkungen bei Geschäftsaufgabe oder Umwandlung

  • Dokumentation der Schritte zur Beendigung der Selbständigkeit

  • Prüfung alternativer Beschäftigungsmodelle (z. B. Anstellung vor Auswanderung)

Austausch mit dem zuständigen Finanzamt

Eine offene und transparente Kommunikation mit dem Finanzamt ist unerlässlich. Bei der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit oder dem Wechsel in eine Anstellung im Inland erwarten die Behörden eine entsprechende Erklärung. Der Kontakt kann sowohl mündlich als auch schriftlich erfolgen; beides sollte sorgfältig dokumentiert werden.

Typische Fragen des Finanzamts:

  • Welche Art von Tätigkeit wird nach dem Wegzug ausgeübt?

  • Gibt es bestehende Geschäftsbeziehungen mit früheren Kunden?

  • Wird ein neues Unternehmen im Ausland gegründet?

Thema Erwartete Information Tätigkeit nach Wegzug Neue Anstellung oder Pause Kundenbeziehungen Keine fortgeführten Projekte Neugründung im Ausland Erst nach einer Wartezeit

Risiken einer verdeckten Funktionsverlagerung

Ein zentrales Risiko besteht darin, dass die Behörden eine verdeckte Funktionsverlagerung vermuten, wenn die selbständige Tätigkeit im Ausland ähnlich weitergeführt wird. In solchen Fällen kann es dennoch zu einer steuerlichen Nachforderung kommen, selbst wenn das Unternehmen offiziell abgemeldet wurde.

Beispiele für potenzielle Fallstricke:

  • Fortführung derselben Tätigkeit mit identischen Kunden nach Auswanderung

  • Kurze Unterbrechung der Tätigkeit, bevor sie im Ausland wieder aufgenommen wird

  • Unzureichende Dokumentation der Beendigung der ursprünglichen Selbständigkeit

Um Streitigkeiten zu vermeiden, ist es wichtig, nachvollziehbar und nachvollziehbar zu begründen, dass keine betriebliche Funktion ins Ausland überführt wurde und alle Schritte sauber dokumentiert sind.

Persönliche Steuerberatung und Erfolgsgrundlagen

Bedeutung einer individuellen Gestaltungsplanung

Eine auf die eigene Situation angepasste Strategie ist bei der geplanten Auswanderung als Selbstständiger oder Freiberufler entscheidend. Unterschiedliche Geschäftsmodelle und Einkommensquellen erfordern eine spezifische Vorgehensweise, da die steuerlichen Auswirkungen stark variieren können.

Wichtige Punkte für eine individuelle Strategie:

  • Analyse der vergangenen Gewinne

  • Prüfung von möglichen Abzugspositionen (z.B. Unternehmerlohn)

  • Bewertung des Zeitpunkts für die Geschäftsaufgabe oder Umstrukturierung

Durch eine maßgeschneiderte Herangehensweise lassen sich Risiken und steuerliche Belastungen gezielt minimieren.

Gestaltungsoption Möglicher Effekt auf die Steuerlast Anstellung vor Auswanderung Wegfall der Entstrickungsbesteuerung Unternehmerlohn ansetzen Senkung der Berechnungsgrundlage Durchführung eines Beratungsgesprächs Klärung individueller Fallgestaltung

Beratung und Unterstützung durch Fachleute

Die Zusammenarbeit mit erfahrenen Steuerberatern oder Anwälten unterstützt wesentlich dabei, steuerrechtliche Stolpersteine zu vermeiden. Gerade individuelle Konstellationen, wie der Wechsel vom Einzelunternehmer zum Arbeitnehmer vor Auswanderung oder der geplante Neustart im Ausland, werden durch professionelle Expertise optimal begleitet.

Vorteile der Unterstützung:

  • Direkte Kommunikation mit dem Finanzamt wird erleichtert

  • Konkrete Handlungsanweisungen rund um Dokumentation und Abmeldung

  • Reduzierung von möglichen Auseinandersetzungen und Rückfragen

Die frühzeitige Einbindung von Experten trägt dazu bei, steuerliche Risiken einzugrenzen und rechtssichere Lösungen zu gewährleisten.

Abschluss und Ausblick

Wer als Einzelunternehmer oder Freiberufler ins Ausland geht, muss die sogenannte Entstrickungsbesteuerung beachten. Die Berechnung basiert oft auf dem durchschnittlichen Gewinn der letzten drei Jahre, der mit einem festen Faktor multipliziert wird. Ausnahmen bestehen, wenn bestimmte Schritte frühzeitig eingeleitet werden.

Mögliche Strategien zur Vermeidung der Entstrickungsbesteuerung:

  • Aufgabe oder Abmeldung der Selbständigkeit vor dem Wegzug

  • Übernahme einer Anstellung anstelle weiterer freiberuflicher Tätigkeit

  • Verzögerter Neustart der selbständigen Tätigkeit im Ausland

Ein Beispiel wie ein Unternehmer vorgehen kann:

Schritt Wirkung Selbständigkeit beenden Kein Funktionstransfer – keine Steuerpflicht Neue Anstellung aufnehmen Entstrickungsproblem entfällt Neugründung im Ausland nach Wartezeit Keine Kopplung an Vorgängertätigkeit

Wesentlich ist, dass kein funktionsgleiches Geschäft direkt ins Ausland übernommen wird. Das Finanzamt prüft solche Vorgänge; Ehrlichkeit und genaue Dokumentation bleiben entscheidend. Fachliche Beratung durch Steuerexperten wird ausdrücklich empfohlen, besonders bei komplexen Einzelfällen.

Häufig führt eine rechtzeitige Planung zu klaren Verhältnissen – auf diese Weise sind unnötige Auseinandersetzungen vermeidbar, und der Prozess des Wegzugs kann sauber abgeschlossen werden.

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Krass: Ausgewandert und dann ein Steuerstrafverfahren am Bein!