Auswandern & trotzdem in Deutschland steuerpflichtig wegen deutschen Kunden?
Viele Menschen, die aus Deutschland auswandern, behalten weiterhin Kunden im deutschen Markt. Besonders Freiberufler in Bereichen wie Softwareentwicklung oder Beratung profitieren davon, weil die Nachfrage und die Vergütung dort meist attraktiv sind. Es stellt sich jedoch die Frage, wie sich solche Konstellationen auf die Steuerpflicht in Deutschland auswirken, insbesondere wenn weder Wohnsitz noch gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland bestehen.
Die steuerlichen Regeln unterscheiden dabei deutlich zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit. Auch internationale Vereinbarungen, wie Doppelbesteuerungsabkommen, können eine entscheidende Rolle für die Steuerpflicht spielen. Praxisbeispiele zeigen, dass individuelle Lösungen oft maßgeblich von der Gestaltung der Tätigkeit und vom Land des Wohnsitzes abhängen.
Key Takeaways
Steuerpflicht in Deutschland kann auch nach dem Wegzug weiterhin bestehen.
Freiberufliche Einkünfte mit deutschen Kunden sind besonders betroffen.
Doppelbesteuerungsabkommen und die Geschäftsstruktur bieten Gestaltungsspielräume.
Steuerliche Pflichten bei Auslandsumzug
Unterscheidung zwischen voller und eingeschränkter Steuerpflicht
Wer aus Deutschland auswandert, verliert in der Regel die unbeschränkte Steuerpflicht, sofern kein Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt mehr in Deutschland besteht. In diesem Fall greift die beschränkte Steuerpflicht, die auf bestimmte Einkünfte aus Deutschland Anwendung findet. Besonders relevant ist dies für Freelancer und Selbständige, die weiterhin deutsche Kunden haben.
Freiberufliche Einkünfte können weiterhin der deutschen Besteuerung unterliegen, wenn sie in Deutschland verwertet werden oder ein Büro beziehungsweise eine feste Einrichtung in Deutschland genutzt wird. Gewerbliche Einkünfte aus einer im Ausland gegründeten Firma fallen in der Regel jedoch nicht darunter. Es ist wichtig, doppelte Steuerabkommen zu prüfen, da sich daraus abweichende Regelungen zur Besteuerung ergeben können.
Tabelle: Unterschiede bei der Steuerpflicht
Kriterium
Wohnsitz in Deutschland
Gewöhnlicher Aufenthalt
Einkünfte aus Deutschland
Freibeträge
Unbeschränkte Steuerpflicht
Ja
Ja
Weltweit
Volle Anwendung
Beschränkte Steuerpflicht
Nein
Nein
Nur bestimmte Einkünfte aus DE
Nur eingeschränkte Anwendung
Zentrale Vorschriften im Einkommensteuergesetz
Relevant für die Besteuerung nach einem Umzug ins Ausland sind insbesondere folgende Paragrafen des deutschen Einkommensteuergesetzes (EStG):
§ 18 EStG: Definiert, welche Tätigkeiten als freiberuflich gelten.
§ 19 EStG: Bestimmt die Einkünfte, die zur beschränkten Steuerpflicht führen.
§ 49 EStG: Legt fest, welche Einkünfte bei beschränkter Steuerpflicht in Deutschland steuerpflichtig sind, etwa Einkünfte aus selbständiger Arbeit, die in Deutschland erbracht oder verwertet werden.
Wer als Freiberufler aus dem Ausland für deutsche Kunden tätig ist, sollte darauf achten, ob eine Nutzung oder Verwertung der Arbeitsleistung in Deutschland stattfindet. Kommt dies vor, kann der deutsche Kunde zur Einbehaltung von Steuern verpflichtet sein. Besteht hingegen ein Doppelbesteuerungsabkommen, können abweichende Regelungen zur Anwendung kommen, die die Steuerpflicht in Deutschland ausschließen.
Kurzüberblick relevante Paragrafen:
§ 18 EStG: Definition freie Berufe
§ 19 EStG: Umfang beschränkter Steuerpflicht
§ 49 EStG: Steuerpflichtige Einkünfte bei beschränkter Steuerpflicht
Eine steuerliche Beratung ist empfehlenswert, um Fehler und unnötige Doppelbesteuerung zu vermeiden.
Freiberufliche Arbeit mit deutschen Auftraggebern nach dem Auswandern
Definition und Abgrenzung von freiberuflicher Tätigkeit
Wann jemand als Freiberufler*in im Ausland für deutsche Auftraggeber arbeitet, greift im deutschen Steuerrecht eine spezielle Unterscheidung: Es wird differenziert zwischen freiberuflicher Tätigkeit (wie Beratung, Softwareentwicklung, oder Buchhaltung) und gewerblicher Tätigkeit. Nur das Einkommen aus klassischer freiberuflicher Arbeit unterliegt unter bestimmten Bedingungen weiterhin einer Steuerpflicht in Deutschland, selbst wenn man keinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt mehr dort hat.
Eine wichtige Rolle spielt dabei, ob die Tätigkeit tatsächlich als freiberuflich im Sinne des deutschen Steuerrechts eingestuft wird. Wer etwa über eine ausländische Kapitalgesellschaft in einem Vertragsstaat arbeitet, generiert meist gewerbliches Einkommen. Dieses fällt nicht unter die entsprechenden deutschen Vorschriften zur beschränkten Steuerpflicht auf freiberufliche Einkünfte.
Nutzung in Deutschland und Steuerabzug durch den Kunden
Wird eine Dienstleistung von einem ausländischen Wohnsitz aus für einen deutschen Kunden erbracht und in Deutschland genutzt oder verwertet, spricht man von einem sogenannten "Nutzungsereignis." In diesem Fall kann Deutschland das Besteuerungsrecht auf diese Einkünfte ausüben, auch wenn die Leistung im Ausland erbracht wird. Das gilt insbesondere, wenn keine Betriebsstätte oder Büroadresse in Deutschland unterhalten wird.
Es besteht dann die Verpflichtung für den deutschen Auftraggeber, einen Teil der Vergütung als Steuer (meist in Form von Abzugssteuer) direkt einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen. Die betroffenen Freiberufler*innen müssen im Anschluss eine Steuererklärung in Deutschland abgeben, um etwaige Differenzen zu klären.
Wichtige Punkte auf einen Blick:
Szenario
Freiberufliche Dienstleistung für deutschen Kunden, Nutzung in Deutschland
Arbeit über eigene ausländische Firma, Doppelte Schutz durch DBA
Betriebsstätte oder Büro in Deutschland
Steuerliche Auswirkung
Mögliches Nutzungsereignis, Steuerabzug durch den Kunden
Ausschluss deutscher Steuerpflicht bei Einhaltung der Voraussetzungen
Steuerpflicht bleibt bestehen
In Ländern mit einem Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland kann die Situation anders geregelt sein, sodass teilweise die Besteuerung ins Wohnsitzland fällt. Hier lohnt sich der genaue Blick in das jeweilige Abkommen.
Steuerliche Folgen und Praxiserfahrungen
Freiberufliche Tätigkeiten aus dem Ausland und Steuerrecht in Deutschland
Wer nach dem Umzug ins Ausland weiterhin für deutsche Kunden freiberuflich arbeitet, kann weiterhin in Deutschland steuerpflichtig sein. Ausschlaggebend ist hier, dass Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach bestimmten Voraussetzungen dem deutschen Steuerrecht unterliegen, auch wenn der Wohnsitz nicht mehr in Deutschland liegt.
Wichtige Kriterien für die Steuerpflicht:
Art der Tätigkeit: Es handelt sich vor allem um klassische Freiberuflerleistungen.
Nutzung in Deutschland: Die Leistung wird in Deutschland verwertet.
Kein dauerhafter Betrieb: Bei Fehlen einer deutschen Betriebsstätte entstehen andere steuerliche Folgen.
Beispielhafte Situation:
Person
Freelancer
Wohnort
Dubai
Tätigkeit
Controller für dt. Firma
Steuerpflicht DE
Ja, limitiert
Liegt kein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Deutschland vor, so fällt die Besteuerung auf Grundlage des deutschen Einkommensteuergesetzes (z. B. § 49 EStG) an. Bei vorhandenen DBAs, wie etwa mit Thailand oder Malta, kann die Steuerpflicht in Deutschland regelmäßig ausgeschlossen sein, sofern die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden.
Tipp:
Durch die Gründung einer Kapitalgesellschaft im Ausland sowie einen Wohnsitz in einem DBA-Staat kann die deutsche Steuerpflicht häufig vermieden werden. Entscheidend ist, dass keine Betriebsstätte in Deutschland existiert.
Praxiserfahrungen mit ärztlichen und juristischen Dienstleistungen aus dem Ausland
Spezielle Berufsgruppen wie Ärzte oder Anwälte, die gelegentlich in Deutschland tätig werden, begegnen häufig steuerlichen Herausforderungen. Auch wenn ihr Lebensmittelpunkt im Ausland liegt, kann eine Tätigkeit in Deutschland steuerpflichtiges Einkommen auslösen.
Typische Konstellationen:
Ein Arzt operiert regelmäßig in deutschen Kliniken, lebt aber im Ausland.
Ein Anwalt aus dem Ausland betreut vorübergehend Mandanten in Deutschland.
Ablauf der Steuererhebung (vereinfacht):
Tätigkeit wird in Deutschland ausgeübt oder genutzt.
Kunden oder Kliniken behalten einen Teil der Vergütung als Quellensteuer ein.
Die einbehaltene Steuer wird direkt ans deutsche Finanzamt abgeführt.
Lösung in der Praxis:
Gründet die betreffende Person eine Gesellschaft in einem Staat mit DBA-Regelung (z. B. Malta), wird das Einkommen als Unternehmenseinnahme und nicht als freiberufliches Einkommen behandelt. Dadurch lässt sich die Steuerpflicht in Deutschland häufig mit rechtlicher Absicherung vermeiden.
Wichtig für alle Fälle ist die sorgfältige Prüfung, ob keine Betriebsstätte in Deutschland vorliegt, um die gewünschte steuerliche Wirkung zu erzielen.
Abkommen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
Bedeutung internationaler Steuerabkommen
Internationale Steuerabkommen spielen eine entscheidende Rolle bei grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten. Sie regeln, welchem Staat das Besteuerungsrecht für bestimmte Einkünfte zusteht. Für Freiberufler, die nach dem Wegzug weiterhin deutsche Kunden betreuen, kann dadurch eine doppelte Steuerbelastung vermieden werden.
Wichtige Aspekte von Steuerabkommen:
Sie definieren, wo Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zu versteuern sind.
Bei beschränkter Steuerpflicht in Deutschland greift oft zusätzlich das jeweilige Abkommen mit dem Wohnsitzstaat.
Eine fehlende Vereinbarung kann bedeuten, dass Einkünfte weiterhin in Deutschland besteuert werden.
Praxisfall: Das Steuerabkommen Deutschland–Thailand neu betrachtet
Das Abkommen zwischen Deutschland und Thailand sieht für bestimmte freiberufliche Tätigkeiten eine eindeutige Regelung vor. Demnach ist ausschließlich Thailand zur Besteuerung berechtigt, sofern keine Betriebsstätte in Deutschland unterhalten wird.
Staat
Deutschland
Thailand
Steuerrecht für Einkünfte
Verzicht auf Besteuerung
Alleiniges Steuerrecht
Besonderheit
Kein Rückbehaltungsrecht
Häufig Steuerbefreiung möglich
Wer mit einem LTR-Visum in Thailand lebt und die lokalen Voraussetzungen erfüllt, profitiert hier von einer steuerfreien Behandlung ausländischer Einkünfte.
Hinweis: Rückfallklauseln oder Sonderregelungen, die Deutschland das Besteuerungsrecht sichern würden, existieren im Abkommen mit Thailand nicht. Dadurch entsteht eine klare steuerliche Gestaltungsmöglichkeit für Auswanderer mit deutschen Kunden.
Methoden zur Vermeidung der deutschen Steuerpflicht
Gewerbliche Einkünfte erzielen durch Firmengründung
Eine effektive Möglichkeit, die deutsche Steuerpflicht zu umgehen, ist die Umwandlung freiberuflicher Einkünfte in gewerbliche Einkünfte durch die Gründung eines eigenen Unternehmens im Ausland. Unternehmenserlöse unterliegen in der Regel nicht denselben Einschränkungen der beschränkten Steuerpflicht wie freiberufliche Leistungen nach deutschem Recht.
Wichtige Vorteile:
Rechnungen an deutsche Kunden werden über das Auslandunternehmen gestellt.
Die Tätigkeit wird als unternehmerische und nicht als freiberufliche Einkunftsart klassifiziert.
Einkommen fällt nicht unter die Voraussetzungen des §49 EStG.
Keine Betriebsstätte oder Geschäftseinrichtung in Deutschland
Ein entscheidender Aspekt ist, dass in Deutschland keinerlei Betriebsstätte oder geschäftliche Einrichtung unterhalten wird.
Zu vermeiden sind:
Virtuelle Büros oder Briefadressen mit geschäftlicher Funktion
Regale, Akten oder sonstige dauerhafte Präsenz in deutschen Geschäftsräumen
Werden diese Vorgaben beachtet, entsteht kein steuerlich relevantes "Nutzungsereignis" oder dauerhafter Anknüpfungspunkt für das Finanzamt in Deutschland.
Optimale Wahl von Wohnsitzstaat und Unternehmensform
Die Wahl eines geeigneten Wohnsitzstaats und einer passenden Gesellschaftsform erhöht die Rechtssicherheit gegen deutsche Besteuerung.
Checkliste für die beste Wahl:
Wohnsitzstaat mit Doppelbesteuerungsabkommen (DBA): Beispielsweise Malta oder Zypern, mit klaren Regelungen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung.
Unternehmensform: Zum Beispiel eine Limited oder GmbH im Wohnsitzstaat.
Keine selbständige oder freiberufliche Tätigkeit direkt in Deutschland.
Kriterium
Wohnsitzland
Gesellschaftsform
Betriebsstätte DE
Empfohlene Lösung
DBA-Partnerstaat wählen
Kapitalgesellschaft
Keine zulassen
Sofern diese Schritte beachtet werden, lassen sich unerwünschte deutsche Steuerpflichten meist zuverlässig vermeiden.
Zusammenfassung und Empfehlungen
Für Freiberufler und Selbstständige, die nach dem Wegzug weiterhin Kunden in Deutschland betreuen, besteht weiterhin eine begrenzte Steuerpflicht in Deutschland. Nach deutschem Steuerrecht sind Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, die in Deutschland ausgeübt oder verwertet werden, grundsätzlich steuerpflichtig – unabhängig vom neuen Wohnsitz.
Empfehlungen zur Minimierung der Steuerpflicht:
Wohnsitz in einem DBA-Staat:
Ein Wohnsitz in einem Land mit Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) mit Deutschland kann vorteilhaft sein. Viele DBA regeln, dass Einkünfte nicht mehr in Deutschland besteuert werden, sondern ausschließlich im Wohnsitzstaat.Umwandlung in gewerbliche Tätigkeit:
Wird die Tätigkeit über eine ausländische Firma mit eigenem Rechtssitz durchgeführt und als Gewerbebetrieb geführt, fällt die Steuerpflicht in Deutschland häufig weg, solange keine Betriebsstätte in Deutschland unterhalten wird.Keine Betriebsstätte in Deutschland:
Entscheidend ist, dass in Deutschland keine Betriebsstätte oder feste Geschäftseinrichtung unterhalten wird. Sonst kann trotz Unternehmensstruktur Steuerpflicht entstehen.
Fallkonstellation
Freiberufler ohne DBA
Freiberufler mit DBA
Gewerbe (ohne Betriebsstätte)
Betriebsstätte in Deutschland
Mögliche Steuerpflicht in Deutschland
Sehr wahrscheinlich
Meist ausgeschlossen
Selten
Ja
Empfehlung
DBA-Staat wählen oder umstrukturieren
DBA-Regelungen prüfen
Unternehmenssitz im DBA-Staat
Betriebsstätte vermeiden
Wichtige Hinweise:
Gewerbliche Einkünfte sind gegenüber freiberuflichen Einkünften vorteilhafter, da sie seltener unter die beschriebene beschränkte Steuerpflicht fallen.
Fachkundige Beratung im Einzelfall und bei geplanten Auswanderungen ist empfehlenswert, da die jeweilige Situation und DBA-Regelungen entscheidend sind.
Insbesondere bei Staaten ohne DBA besteht ein erhöhtes Risiko, dass Einkünfte weiterhin in Deutschland besteuert werden.