Free Cities - Freier Wettbewerb statt klassischem Steuerstaat

Zu Gast: Titus Gebel

Die Folge ist auch auf allen gängigen Podcast Plattformen zu finden:

 
 

Viele Auswanderer entscheiden sich für einen Wechsel des Wohnsitzes aus dem Wunsch heraus, freier zu leben. Somit ist der Wunsch auszuwandern eng mit dem Gedanken an mehr Steuerfreiheit, aber auch mehr Freiheit für die Verwirklichung des eigenen Lebens nach ganz persönlichen Vorstellungen verbunden. 

Ein ganz neues Konzept hierzu hat Titus Gebel mit seinem System der Free Cities, der Freien Privatstädte, entwickelt. Die Freien Privatstädte sieht der Unternehmer und Jurist als Alternative zu den derzeitigen Staatsformen. Statt eines Staates und seiner zugehörigen Regierung gibt es dabei einen Staatsdienstleister, der mit dem Bürger einen Vertrag abschließt. Titus Gebel zufolge die beste Voraussetzung für ein friedliches Zusammenleben und einen freiheitlichen Lebensstil. Wie genau das Leben in einer solchen Privatstadt aussehen kann, wie die Free Cities organisiert sind und wo sie bereits Realität werden, erklärt Titus Gebel im neuesten Podcast auf Perspektive Ausland.

Politische Frustration versus selbstverantwortliches Zusammenleben

Ein freies und selbstbestimmtes Leben ist immer auch mit einer hohen Eigenverantwortlichkeit verbunden. Diese, so Titus Gebel, sei in den derzeitigen politischen Systemen nicht gegeben. Die Regierungen seien nicht haftbar und müssten somit auch keine Konsequenzen befürchten, wenn sie wirtschaftlich falsche Entscheidungen treffen. Wähler würden mit dem Versprechen, Gratis-Leistungen zu erhalten, gelockt. Somit werde ihnen vorgespielt, sie müssten nicht für ihr eigenes wirtschaftliches Wohl sorgen, sondern dies werde ihnen im Rahmen eines Wohlfahrtsstaates abgenommen. Aufgehen könne diese Rechnung jedoch nicht und die Folge seien automatisch Verteilungskämpfe.

Eine echte Alternative sehe Gebel dabei in der Freien Privatstadt. Diese wird von von einem “Staatsdienstleister” betrieben, einem gewinnorientierten Unternehmen. 

Der Bürgervertrag als rechtliche Basis

Rechtsgrundlage des Verhältnisses des Bürgers zur Freien Privatstadt ist ein Bürgervertrag in Form eines Dienstleistungsvertrages. Der Stadtbetreiber als Staatsdienstleister bietet dem Bürger Sicherheit, Infrastruktur und zivilisierte Streitschlichtungen. Der Bürger zahlt dafür einen festgelegten Betrag.

Während der aktuell vorherrschende “Gesellschaftsvertrag” für alle gilt und ständigen Änderungen “von oben” unterworfen sei, sei der Bürgervertrag, wie Titus Gebel ihn sieht, ein Privatvertrag zwischen dem Stadtbetreiber als “Staatsdienstleister” und dem Bürger.

Dieser Bürgervertrag biete dem Stadtbewohner einen viel besseren Schutz, denn jede Vertragspartei sei klagebefugt. Inhaltliche Änderungen, beispielsweise aufgrund der Belange von Lobbyisten, seien nicht möglich. Damit könne ein Bürger auch immer die von der Freien Privatstadt zu erbringenden Leistungen einklagen, sollte dieser seiner Pflicht nicht nachkommen. Anders herum steht der Bürger in der Pflicht, seinen Zahlungen nachzukommen.

Freie Märkte als funktionierendes Beispiel

Dass die Free Cities ganz real funktionieren können, sehe man Gebel zufolge an den bereits bestehenden Märkten und im Dienstleistungsgewerbe. Dort werden Lösungen, die sich als funktionstüchtig herausstellen, reproduziert. Lösungen, die nicht von Erfolg gekrönt sind, scheiden aus. Ein evolutionäres System, das keine Steuerung “von oben” benötigt und somit auch kein aufgeblasenes und kostenintensives Regierungssystem. 

Dementsprechend würden auch Steuerzahlungen überflüssig werden. Statt einen Großteil seiner Einnahmen abzugeben, zahlt der Bürger ausschließlich den festen Jahresbetrag, der je nach Privatstadt mitunter schon mit 1.500 EUR pro Jahr ausreichend wäre. Die Kosten für Leistungen, die außerhalb des Schutzes von Freiheit und Eigentum sowie der Streitschlichtung liegen, trägt der Bürger allerdings selbst. Er muss sich also selbst um seine Gesundheitsfürsorge und um die Vorsorge für das Alter kümmern. Auch ein öffentliches Bildungssystem gibt es in Freien Privatstädten nicht. Die Kosten für Schulen sind daher von den Eltern zu tragen.

Free Cities - hier gibt es sie schon

Was nach Utopie klingt, wird derzeit in einigen Ecken der Welt bereits erprobt. So zum Beispiel in Honduras auf der Insel Roatán in der Sonderwirtschaftszone Próspera. Nach einer entsprechenden Vereinbarung mit der Regierung von Honduras entsteht hier eine unabhängige Privatstadt mit eigener regulatorischer und steuerlicher Struktur. Vorbild dafür, wie Privatstädte auf dem Gebiet derzeit bestehender Staaten funktionieren können, sind Sonderverwaltungszonen wie Macau. Die Basis für Próspera bildet in Honduras eine sogenannte ZEDE, eine Zona de empleo y desarrollo económica (zu dt. Zone für Arbeit und wirtschaftliche Entwicklung), ein von dem ehemaligen Präsidenten Porfirio Lobo Sosa beschlossenes Modell. Dieses wurde allerdings 2022 vom Kongress eingestampft. Für Próspera sehen die Projektverantwortlichen dennoch eine Zukunft auf Basis dieser Vereinbarung, da ein Bestandsschutz vereinbart worden war. 

Ob es künftig tatsächlich viele verschiedener Free Cities geben wird und sich jeder zu seinem Lebensziel und seinen Vorstellungen die passende Stadt als Wohnsitz aussuchen kann, dürfte maßgeblich von der politischen Akzeptanz abhängen. Gleichwohl gibt es bereits jetzt Projekte, die diese oder ähnliche Ideen versuchen, in die Tat umzusetzen. Informationen hierzu bietet die Stiftung Free Cities Foundation. Jährlich gibt es zudem die Liberty in Our Lifetime Konferenz, auf der sich Interessierte austauschen können. 

Kontaktdaten und Links

Titus Gebel - Free Cities Foudation

Homepage: https://free-cities.org/

Kontaktformular:  https://free-cities.org/the-foundation/

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Timestamps

00:00:58 - Titus Gebel: Freie Privat-Städte als Alternative zum klassischen Staat

00:02:35 - Neues Konzept statt politischer Frustration

00:07:07 - Freie Märkte: Ein evolutionäres System

00:13:44 - Die Idee des Bürgervertrages

00:15:33 - Umsetzung in Form von Sonderverwaltungszonen

00:16:54 - Für wen die Free Cities als Wohnort geeignet sind

00:18:40 - Vertraglich gesicherte Rechte und Pflichten

00:26:33 - Verschiedene Privatstädte für verschiedene Kultur- und Interessengruppen

00:28:23 - Das Aus für öffentliche Leistungen?

00:32:53 - Der Staat als Dienstleister - die Kosten

00:37:45 - Sind die Freien Privatstädte für jeden zugänglich?

00:41:24 - Wo gibt es das Modell der Freien Privatstädte schon?

00:47:52 - Freie Privatstädte als steuerfreie Zonen

00:50:23 - Ablauf und Finanzierung des Baus der Free Cities 

01:02:54 - Welche Währung ist in der Freien Privatstadt gültig?

01:04:42 - Firmen gründen in der Free City

01:06:23 - “Liberty in Our Lifetime” - eine Konferenz der Free Cities Foundation

01:07:09 - Erste Einwohner und E-Residenten

01:10:05 - Free Cities als Modell für das Europa der Zukunft?

01:13:19 - Kontaktdaten und Informationsmaterial zu den Free Cities

Mitschrift zum Podcast Perspektive Ausland Episode 71: Free Cities - Freier Wettbewerb statt klassischem Steuerstaat

Zu Gast: Titus Gebel

Perspektive Ausland: Perspektive Ausland - der Podcast für Unternehmer und Freiberufler, die es ins Ausland zieht. Egal, ob Steuerplanung, Auslandsfirmengründung oder Lifestyle-Fragen - hier geht es jede Woche zur Sache. Und hier sind deine Gastgeber Daniel Tàborek und Sebastian Sauerborn.

00:00:58 - Titus Gebel: Freie Privatstädte als Alternative zum klassischen Staat

Daniel: Wir sprechen ja in unserem Podcast jede Woche mit interessanten Menschen über interessante Themen und auf das heutige Thema freue ich mich ganz besonders, weil es wirklich sehr speziell ist. Wir sprechen häufig mit unseren Gästen über verschiedene Staaten, die sich entweder als Wohnsitz oder als Unternehmenssitz sehr gut eignen oder ideale Bedingungen für bestimmte Zielgruppen bieten. Das sind normalerweise für unsere Themen und unser heutiger Gast, Titus Gebel, vertritt eine interessante, man könnte schon fast sagen, provozierende These. Das Konzept der Staaten hat möglicherweise ausgedient und die Zukunft gehört freien Privat-Städten. Kann man das so sagen, Titus? Ist das ungefähr richtig zusammengefasst?

Titus: Ich sehe das als Ergänzungsprodukt. Also ich würde jetzt nicht sagen, dass die Staaten ausgedient haben, aber es ist in der Tat so, dass das bisherige Modell an seine Grenzen kommt und ich möchte ein Alternativprodukt anbieten, was sicherlich nicht flächendeckend die ganze Welt abdeckt, aber vergleichbar ist mit den freien Reichsstädten im Mittelalter, die dann doch relativ zahlreich waren und doch einen gewissen Unterschied gemacht haben. So etwas könnte wiederkommen.

Daniel: Ok, klasse! Das wird heute unser Thema sein. Doch bevor wir jetzt ins Detail einsteigen, wollen wir dir die Möglichkeit geben, dich ganz kurz mal unseren Zuschauern und Zuhörern vorzustellen.

00:02:35 - Neues Konzept statt politischer Frustration

Titus: Ja, mein Name ist Titus Gebel, ich bin promovierter Jurist, aber schon seit etwa 20 Jahren nicht mehr rein juristisch tätig, sondern unternehmerisch, also erst als Manager, dann später selbst als Unternehmer. Ich habe 2006 die Deutsche Rohstoff AG mit dem Thomas Gutschlag zusammen gegründet, die dann 2010 an die Börse gebracht und war acht Jahre lang CEO und bin dann, nachdem wir auch wirklich großen Erfolg hatten, Ende 2014 freiwillig ausgeschieden. Ich bin mit meiner Familie nach Monaco gezogen und habe da dieses Konzept aus politischer Frustration sozusagen erarbeitet, was eine Alternative zu dem bisherigen System ist. Ich bin auch immer noch ein bisschen im Rohstoffsektor ein bisschen tätig. Ich habe im Energiesektor die Dual Fluid mit begründet, die diesen neuen Reaktortyp hat. Den Reaktortyp hab ich natürlich nicht mitentwickelt, aber ich habe geholfen, diese Firma zu gründen und insoweit bin ich da immer noch unternehmerisch aktiv. Auch was die freien Privat-Städte angeht, soll es ja durchaus auch ein Unternehmen sein und einen neuen Markt erschließen. Ich nenne ihn den Markt des Zusammenlebens. Zwischen 2015 und 2018 habe ich mich wirklich hingesetzt und ein Buch geschrieben, das heißt: Freie Privatstädte: Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt. Das ist auch auf Amazon erhältlich und es gibt auch ein Hörbuch in verschiedenen Sprachen. Es gibt auch ein White Paper, das das zusammenfasst für Leute, die kein ganzes Buch lesen wollen. Ich habe gleichzeitig versucht, das auch in die Tat umzusetzen. Ich war dann von 2017 bis 2019 aktiv bei der CD Próspera in Honduras auf der Insel Roatán beteiligt als Chief Legal Officer. Ich habe da den rechtlichen Rahmen im Wesentlichen mitgestaltet und bin auch Investor, meine Firma ist dort auch Investor. Ich habe dann später eine Stiftung gegründet, die sich Free Cities Foundation nennt. Die Stiftung untersucht und begleitet alle möglichen alternativen Projekte, die zu dem jetzigen Staat eine Alternative suchen oder mehr Freiheit wollen für die Menschen oder einfach nur mehr Wahlmöglichkeiten. Das kommerzielle Unternehmen dazu heißt Tripolis, das tatsächlich solche Projekte anschiebt, sich beteiligt, sie selbst durchführt, operiert, strukturiert, managt, entwickelt. Außerdem bin ich Chairman des Seasteading Institute in San Francisco. Die wollen so etwas auf hoher See machen, so dass man quasi außerhalb der Hoheitsgewässer schwimmende Städte baut und dann eben auch die Möglichkeit hat, seine eigenen Regeln zu bestimmen. Also insoweit mache ich relativ viel, aber es dreht sich mehr oder weniger tatsächlich um das Thema mehr Freiheit durch eine neue Form des Zusammenlebens auf privatrechtlicher Basis, also quasi ein kommerzielles Unternehmen, das als Staatsdienstleister fungiert und da den Schutz von Leben, Freiheit und Eigentum garantiert gegen eine festgelegte Zahlung. Da gibt es auch im Vertrag, wo alle Rechte und Pflichten genau festgelegt sind. Den kann ich auch nicht einseitig ändern. Das ist ja auch ein Riesenproblem bei unserem heutigen System. Da versuchen wir eben jetzt mit Staaten zu verhandeln, so eine Autonomiezone zu bekommen, um da diese Projekte umzusetzen. Das ist kein einfaches Unterfangen, aber wie gesagt, es gibt schon die ersten Projekte in Honduras. Auch in Afrika, da bin ich relativ sicher, wird in den nächsten 6 bis 12 Monaten ein Projekt beginnen und dann haben wir auch noch ein weiteres Projekt, von dem ich gehört hab, dass es in der Karibik schon fortgeschritten sei. Da wird schon etwas kommen, also das ist nicht nur eine Idee.

Sebastian: Titus, jetzt musst du uns das noch ein bisschen erklären. Wie kommt man darauf? Das ist ja schon wirklich eine außergewöhnliche Idee. Du hast von den freien Städten gesprochen, die es in Deutschland und im europäischen Raum im Mittelalter und noch später gab. Wie bist du drauf gekommen? Hat dich Monaco dazu inspiriert, weil du da gewohnt hast? Oder wie ist es dazu gekommen?

00:07:07 - Freie Märkte: Ein evolutionäres System

Titus: Das war eigentlich schon vorher so. Ich bin 30 Jahre lang politisch aktiv gewesen, meistens im liberalen Spektrum, FDP, liberale Hochschulgruppe, und habe versucht, Leute davon zu überzeugen, dass Freiheit und Selbstbestimmung eigentlich für alle besser sind, insgesamt ein besseres Ergebnis und auch ethisch ein höherwertiges System ist, weil ich eben Menschen nicht zwingen muss zu Dingen, die sie eigentlich gar nicht wollen, bloß weil ich die Mehrheit habe. Oder nicht mal das, sondern weil ich die Regierungsgewalt habe. Ich habe festgestellt, dass es dafür keine Nachfrage gibt. Man muss sich das so vorstellen: Der Mensch ist nach Minimalprinzip konditioniert. Das heißt, er will immer für den minimalen Input maximal etwas rauskriegen. Das ist ja durchaus evolutionär sinnvoll, das hat zur Arbeitsteilung geführt, zu Waschmaschinen und all diesen Dingen. Das Problem ist, wenn es auf politische Macht trifft, dann entsteht eine Situation, dass die Leute glauben, sie können sich Wohlstand in die Tasche wählen und die Politiker versprechen das. Das heißt, wenn ich jetzt sozusagen hingehe und sage "Ich bin für Freiheit und Selbstbestimmung. Du kriegst 100 Euro, aber für die musst du natürlich hart 10 Stunden oder 8 Stunden arbeiten." Und die andere Seite sagt: "Hier hast du 100 Euro, die kriegst du wegen Solidarität, du musst nur dein Kreuzchen bei uns machen." Dann ist natürlich klar, wer gewählt wird. Der klassische liberale Kandidat tritt vor die Menge und sagt: "Wählt mich, ich tue nichts für euch, aber dafür lasse ich euch in Ruhe." Und der andere sagt: "Ihr seid rundum abgesichert bei mir, ich nehme euch alle Lebensrisiken ab." Wenn man das mal erkannt hat, dass das irgendwie auch zwangsläufig so ist, dann braucht man sich auch nicht mehr über Politiker aufzuregen. Die Politiker bedienen die Kundenwünsche und der Kunde will Umsonstleistungen. Die gibt es natürlich nicht, also muss man ihnen, wenn man als Politiker an die Macht will, diesen Sachverhalt verschleiern, dass das nicht geht, sondern sagen: "Wir sind reiches Land" und solches Geschwafel. Also im Grunde geht es darum zu verschleiern, dass ein Teil der Leute für die anderen bezahlen muss. Teilweise wird es auch gar nicht verschleiert, sondern ganz offen gesagt, aber im Prinzip ist es immer nur linke Tasche, rechte Tasche und da kommt man nicht gegen an. Und da habe ich gesagt, mit dem bisherigen System kommen wir nicht weiter. Das wird tatsächlich eher in die andere Richtung gehen. Das heißt, die Staatsquote wird mit Schwankungen immer höher werden. Jede Demokratie tendiert, bin ich inzwischen überzeugt davon, Richtung Wohlfahrtsstaat und damit Sozialismus irgendwann, immer mehr Regulierungen, immer höhere Staatsquote. Am Ende ist es dann so, dass es nur noch Verteilungskämpfe gibt und Tricksereien wie künstlich niedrige Zinssätze, Negativzinsen auf Kauf eigener Staatsanleihen. Das sind ja schon so die letzten Züge, weil der Staat sich eigentlich nicht mehr finanzieren kann, weil er allen alles versprochen hat. Da rauszukommen, indem man die Leute durch Überzeugung und Vernunftargumente wegkriegt, das kann man komplett knicken. Das ist jedenfalls meine Erfahrung der letzten 30 Jahre. Auch, wenn Leute das verstehen, der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach. Wenn einer sagt, guckt mal hier, ihr kriegt von mir bedingungsloses Grundeinkommen, medizinische Grundversorgung, freie Bildung, freie Heilfürsorge, da werden halt die meisten schwach. Kann man ihnen auch irgendwo gar nicht verdenken. Also man muss ein System schaffen, was das einfach nicht ermöglicht, dass bestimmte Gruppen zu Lasten anderer bevorteilt werden. Dass Leute wie Politiker keinerlei Haftung unterliegen, das ist ja ein komplett falsches Anreizsystem. Die können ja machen, was sie wollen. Die sind ja nicht zur Rechenschaft zu ziehen, verteilen das Geld anderer Leute und die Wähler glauben, sie können sich Gratisleistungen die Tasche wählen. Es ist in den bestehenden Systemen nicht möglich und da hab ich mich gefragt: "Wie kann man das denn lösen?" Dann bin ich auf die Idee gekommen, dass das, was wir schon kennen, nämlich einen ganz normalen Markt und ein Dienstleistungsgewerbe. Freie Märkte funktionieren ja deshalb , wenn man sie denn mal lässt, weil sie ein evolutionäres System sind. Sie bauen auf Versuch und Irrtum auf. Erfolgreiche Lösungen werden nachgeahmt (Reproduktion) und nicht erfolgreiche Lösungen scheiden aus (Selektion). Das braucht man nicht steuern von oben, das passiert von ganz allein. Dann habe ich gesagt, nehmen wir doch mal diesen Gedanken und übertragen ihn auf unser Zusammenleben. Da sieht es dann einfach so aus, dass ich sage, ich bin einfach nur ein Dienstleister und das habe ich in Monaco tatsächlich nochmal gemerkt. Ich war ein Jahr in Monaco, schrieb da an meinem Konzept, meinem Buch. Ich bin ja immer politisch interessiert gewesen, ich hatte aber null Interesse, mich irgendwie in die Monaco-Politik einzubringen. Mal abgesehen davon, dass das als Nicht-Monegasse auch kaum geht. Aber ich hatte null Interesse und dann habe ich mich gefragt: Warum habe ich eigentlich null Interesse, ich war doch eigentlich immer politisch interessiert? Die Antwort, die ich mir selbst gegeben habe, war: Ich will ja eigentlich nur in Ruhe gelassen werden. Ich will schon etwas, ich will Sicherheit, ich will Infrastruktur und wenn es Ärger gibt, ich will zivilisierte Streitschlichtungen, keine Blutrache oder Duelle oder sowas. Dafür bin ich aber auch bereit, etwas zu bezahlen. Und dann habe ich mich gefragt, denn das alles ist, dann frag ich erstmal rum. Dann hab ich rumgefragt, im Club usw. in Monaco, wie das die anderen sehen. Die Hälfte der Leute sieht es ähnlich. Die Leute in Monate sind auch sicherlich eine bestimmte Klientel, aber die Hälfte der Menschen sagt, ich will eigentlich in Ruhe gelassen werden, damit ich meinen Geschäften nachgehen kann, weltweit. Ich will natürlich auch Sicherheit, das ist wichtig. Das sind die Leute bereit, etwa zu bezahlen. Da habe ich gesagt, wenn das alles ist, dafür brauche ich keinen Fürsten und auch keine Regierung, das kann ein Privatunternehmen leisten. Schutz von Freiheit, Leben, Eigentum ist eine Sicherheitsdienstleistung.

00:13:44 Die Idee des Bürgervertrages

Titus: So hat sich die Idee noch weiter verkörpert. Dann kam es irgendwann mal dahin: Staatsdienstleister ist ein Privatunternehmen. Das bietet eben diese Leistungspalette an. Da bin ich auf die Idee des Bürgervertrages gekommen. Das ist ein viel besserer Schutz, man muss auch sagen, ich bin ja Jurist, ich war auch im öffentlichen Verwaltungsrecht tätig, die Verfassungen werden ausgelegt, also das Schutzniveau einer Verfassung für den Einzelnen ist mäßig bis mangelhaft. Wenn ich aber einen Vertrag habe, kann ich immer klagen. Ich bin immer klagebefugt, denn ich bin ja die eine Vertragspartei. Und die sagt dann: "Ich bin hier falsch behandelt worden." oder :"Er hat seine Sicherheitsdienstleistung nicht erfüllt”. Da habe ich einen viel besseren Schutz. Jetzt kommt natürlich der Clou, um das zu verhindern, was ich eingangs sagte. Es kein Forum für die Mehrheit oder für irgendwelche Lobbyisten oder so, um den Inhalt dieser Verträge zu verändern, sondern ich hab hier mit Sebastian hab ich einen Vertrag, ich habe mit Daniel einen Vertrag und der Sebastian weiß, er kann nicht in den Vertrag zwischen Daniel und mir reinfummeln und umgekehrt. Das heißt, die Menschen wissen, sie können nicht den Vertragsinhalt ihrer Nachbarn ändern, ihrer Mitmenschen. Das führt dann nach meiner Überlegung dazu, dass die Leute einfach akzeptieren, dass andere Menschen andere Vorlieben haben und anders handeln und anders denken als sie selbst, ohne gleich nach der Polizei oder der Politik zu rufen, weil man einfach weiß, es gibt kein Forum für Besserwisser und Weltretter und sonst etwas. Das ist das neue Konzept.

00:15:33 - Umsetzung in Form von Sonderverwaltungszonen

Die Schwierigkeit ist natürlich, wie kann ich das in dem jetzigen System überhaupt umsetzen, da ja die ganze Welt von Staaten durchsetzt ist? Da hilft uns wiederum die Sache, dass es heute Sonderwirtschaftszonen gibt. Wir verkaufen unser Modell als Sonderwirtschaftszone Plus. Rein rechtlich ist es aber eher eine Sonderverwaltungszone, wie Hongkong oder Macau es sind. Das heißt, es sind Zonen, die zur Souveränität eines anderen Landes gehören, der für Außenpolitik und Verteidigung zuständig ist, aber im Inneren haben sie eigene Regeln. Die haben ein eigenes Regelungswerk, die haben auch eigene Gesetze, die haben auch eigene Richter, die haben auch eigene Sicherheitskräfte, eine eigene Verwaltung, freie Privatschulen. Hongkong hat sogar eine eigene Währung. Das ist so ein bisschen der Ansatz wie damals die Freien Reichsstädte, weil die waren ja auch nicht ganz autonom, sondern die waren dem Kaiser untergeordnet. Nur war der Kaiser fern und hatte kein stehendes Beamtentum und kein stehendes Heer, sodass die faktisch autonom waren, vermutlich mehr als die freien Privatstädte es heute sein werden. Aber es ist natürlich schon so, dass man damals einen ähnlichen Gedanken hatte. Man wollte nicht mehr der Willkür der Fürsten oder Bischöfe unterworfen sein und wollte seine eigenen Entscheidungen treffen.

00:16:54 - Für wen die Free Cities als Wohnort geeignet sind

Titus: Im Grunde ist das, was ich anbiete, ein Angebot nicht für alle, sondern für diejenigen, die a) selbstbestimmt leben wollen und b) der Meinung sind, dass sie das auch können. Es ist natürlich schon so, dass wir auch soziale Sicherungsmaßnahmen haben für Leute, die jetzt wegen Unfall, Krankheit oder Geburt eben sich nicht selbst helfen können, aber das sind in jeder Gesellschaft nur 5 % und um dieses Problem aufzufangen, brauche ich keinen Sozialstaat, der mir 50% meiner Einkünfte abnimmt. Das kann ich garantieren, wir werden das auch sehen und Hongkong ist ein gutes Beispiel dafür. Am Ende ginge es allen viel besser. Ich sag es mal so, die jetzige Situation ist halt eine, die dazu führt, dass mehr und mehr Leute solche neuen Ideen offen sind, weil die ja schon sehen, dass es irgendwie nicht richtig läuft. Auch, wenn Sie das nicht genau politisch und rechtlich einordnen können aber, da ist etwas faul, das merken die meisten. Das ist nicht richtig, wenn es jetzt im Winter keine Energie gibt und woanders gibt's Energie, dann kann man ja auch nicht das alles auf irgendwelche Kriege und so schieben, sondern da ist offensichtlich was falsch gemacht worden. In ganz vielen anderen Bereichen auch. Da kommt dann vielleicht irgendwann auch in Deutschland die Überzeugung durch, dass es vielleicht doch nicht so eine gute Idee ist, auf die erleuchteten Eliten zu hören, sondern dass man doch sein Schicksal lieber selbst in die Hand nimmt. Das kann man in freien Privatstädten, weil ich eben nur Dienstleister bin. Ich misch mich in ihr Leben nicht ein. Das ist im Wesentlichen die Botschaft.

00:18:40 - Vertraglich gesicherte Rechte und Pflichten

Daniel: Normalerweise reden wir ja immer mal rein, wenn jemand lange redet, aber das war jetzt so interessant, dass wir bis zu Ende zugehört haben, sowohl Sebastian als auch ich. Trotzdem sind natürlich eine ganze Menge Fragen, die sich jetzt daraus ergeben, vor allem natürlich auch, wie das Ganze dann in der Praxis wirklich aussehen könnte. Darüber müssen wir unbedingt sprechen. Aber auch rein zur Theorie, habe ich natürlich noch ein paar Fragen und Sebastian wahrscheinlich dann auch noch. Für mich ist zum Beispiel die Frage: Du hast vorhin selber gesagt, die Staaten haben alle das Problem, dass eigentlich zu viel Staat im Laufe der Zeit existiert. Wie kann man denn das in deinem Modell, in einer Private City, ausschließen? Auch das Thema Korruption, Vetternwirtschaft usw., was wir alles immer im Rahmen von Staaten und Politik hören? Wie kann, wie sollte denn das ausgeschlossen sein in einer Privatstadt, dass dort nicht auf nach 10, 20, 30 Jahren Korruption vorkommt, denn irgendjemandem gehört das ja, irgendjemand verwaltet das, irgendjemand trifft Entscheidungen? Du hast vorhin über die Entscheidungen der Politik gesprochen, letztendlich auch in der Private City könnte ich mir vorstellen, dass jemand falsche Entscheidungen trifft, die vielleicht auch dazu führen, dass plötzlich der Strom teuer wäre, zum Beispiel, weil jemand eine falsche Entscheidung getroffen hat. Welche Mechanismen gibt es dort? Das würde mich interessieren, bevor wir dann wirklich auf das Praktische, Geld und Kosten zu sprechen kommen. Und noch eine zweite Sache: Die Werte, also jedes Land, jeder Staat hat ja bestimmte Werte und in der Regel werden die von der Allgemeinheit natürlich definiert, aber sehr stark natürlich auch von der Kultur und natürlich auch von der Religion. Zum Beispiel in den europäischen Ländern ist es ja traditionell auch der christliche Glaube der letztendliche einen Einfluss zum Beispiel auf die Gesetzgebung genommen hat. Mich würde jetzt mal interessieren, in solchen Private Cities, wie erfolgt dort die Gesetzgebung? Es muss ja bestimmte Regeln geben, zum Beispiel wenn jemanden stiehlt, oder vielleicht jemanden umbringt, wie auch immer. Die schlimmsten Dinge, die so passieren können, auch in einer Private City passieren. Letztendlich muss es ja Strafnormen geben für Fehlverhalten. Und die muss ja irgendjemand definieren. Da habe ich die Frage wie läuft das? Das war jetzt natürlich gleich 3, 4 Fragen.

Titus: Ich habe es mir aufgeschrieben, damit ich es nicht vergesse. Erstmal zum Grundsätzlichen. Die Idee eines Vertrages ist, dass beide Parteien über die wesentlichen Punkte einig sind. Deshalb ist das Gerede vom Gesellschaftsvertrag, was hier immer in Deutschland gemacht wird, falsch. Das wird ja immer nur von einer Seite vorgegeben, was die Regeln sind. Die andere muss sie akzeptieren, die anderen sind wir. Bei der freien Privatwirtschaft ist das aber anders. Du kriegst einen Vertrag angeboten, Daniel, da steht drin: Das sind Rechte und Pflichten, das sind deine Grundrechte und du musst aber auch was bezahlen im Jahr für die Sicherheit, sagen wir mal 1500 €, haben wir ausgerechnet, ist dafür erforderlich pro Jahr. Es ist nicht so, dass sich das nur Reiche leisten können. Es gibt aber eine gewisse Vorgabe an Regeln. Das sind aber keine Sachen, die ich mir ausgedacht habe, sondern es sind etablierte Sachen, die sich bewährt haben im Lauf der Jahrhunderte oder Jahrtausende. Also eine Zivilrechtsordnung, auch eine Strafrechtsordnung, da muss man natürlich irgendwann auch als Betreiber sagen, ok, ich muss mir auch zum Thema Abtreibung jetzt irgendeine Überlegung machen und so eine Fristenlösung ist vermutlich da gar nicht so schlecht. Das gebe ich vor. Man kann aber auch sagen, es gibt noch eine andere Freie Privatstadt, die richtet sich speziell an christliches Publikum oder eine Evangelikale und da ist striktes Abtreibungsverbot oder was auch immer. Die Idee ist, dass man eben unter verschiedenen Produkten wählen kann, aber die Grundaufstellung ist immer die gleiche. Du kriegst die Regeln vorgegeben, die sind aber wirklich so, dass sie eben nicht 10.000 Gesetze sind, sondern es sind die wesentlichen Dinge, also sprich Zivilrecht, Strafrecht und ein paar Verhaltensnormen, ein paar Prozessordnungen, wie die Dinge ablaufen. Dadurch, dass der Betreiber ja nur Sicherheit, Freiheit, Leben und Eigentum sichert, ist es auch nicht erforderlich, dass der jetzt alles im Detail regelt. Das können die Vertragsparteien selbst machen. Es wird, irgendwann Regelungslücken geben, das ist gar keine Frage. Dann ist der Punkt der, dass man dann vor ein Schiedsgericht gehen kann oder vor vorgesehene Streitschlichtungsmechanismen und der Richter findet dann eine Lösung, wie diese Regelungslücke zu schließen ist. Und von da an ist es dann Law of the Land, wie die Engländer sagen. Das ist nämlich so, wie das Common Law Prinzip funktioniert und über Jahrhunderte erfolgreich funktioniert hat. Man braucht nicht für alles neue Regeln machen. Der Grundgedanke ist aber in der Tat, man kriegt was vorgegeben und guckt sich das an und wenn einem das gefällt, dann unterschreibt man den Vertrag. Es ist eben gerade nicht möglich, da ständig neu Regeln zu machen. Ich behaupte, das ist auch nicht nötig. Man muss nur den Rahmen weit genug machen, dann hat man genug Möglichkeiten, innerhalb dieses Rahmens eine sachgerechte Lösung zu finden, die auch oft gar nicht vor die Gerichte muss. Zum Beispiel hat die Kreditkartenindustrie auch irgendwann gemerkt, dass diese grenzüberschreitende Betrugsfälle, wenn ich da über die Gerichte gehe, das dauert Jahre, dann brauche ich Apostillen noch und nöcher und das ist viel zu teuer. Kein Mensch macht das. Die haben sich eigene Mechanismen überlegt, die haben also Algorithmen, dass man erstmal einen Cent überweisen muss und wenn bestimmte Dinge auffällig sind, wenn das aus dem Ausland kommen, woher man bisher nichts überwiesen hat, wird erstmal blockiert, muss das wieder freigeben. Das hat funktioniert. Die haben eine sehr geringe Betrugsquote inzwischen, die Kreditkartenunternehmen oder PayPal oder andere. Also es gibt eine Menge Möglichkeiten, eine Lösung zu finden, ohne dass man da jetzt zum Gesetzgeber rennen muss und sagen muss, wir brauchen ein neues Gesetz. Von daher ist auch die Möglichkeit, dass der Staat immer weiter wächst, eigentlich nicht vorhanden. Das wäre nur möglich, indem ich quasi den Neuankömmlingen andere Verträge gebe, wo dann der Staat ganz viel macht, aber das ist ja nicht der Grund, warum die Leute kommen. Da können sie auch bleiben, wo sie sind. Ich denke, dem Staatswachstum ist systematisch schon eine extreme Bremse vorgeschoben. Korruption ist natürlich nie ganz auszuschließen, aber ich sag mal, dadurch, dass wir ein gewinnorientiertes Unternehmen sind, wir wollen ja Geld verdienen, gibt es natürlich einen Anreiz für mich, solche Korruptionen zu unterbinden. Erstmal ist es so, dass man ohnehin nicht viele Genehmigungen braucht. Das heißt, da gibt es schon mal wenig Angriffspunkte für Korruption und zum anderen bei der Beschaffung. Das Problem haben wir Unternehmen auch, es kann natürlich schon sein, dass da jemand bestochen wird. Aber das ist natürlich in meinem Interesse, dass ich da Controlling Maßnahmen habe. Wurde es zu teuer eingekauft, dann schmeißen wir denjenigen raus oder versetzen den, der die Entscheidung getroffen hat. Es ist, meine ich, allein schon dadurch eingeschränkt, dass wir ein gewinnorientiertes Unternehmen sind und zum anderen, dass es nicht viele Anknüpfungspunkte für Korruptionen gibt, weil wir eben nicht für alles und jedes irgendwelche Genehmigungen erteilen müssen.

00:26:33 - Verschiedene Privatstädte für verschiedene Kultur- und Interessengruppen

Titus: Was die Kultur angeht, die Werte und Normen, da ist es natürlich in der Tat so, dass man schon daran denken kann und vielleicht auch muss, für verschiedene Zielgruppen einfach verschiedene Typen von Privatstädten anzubieten.

Sebastian: Das finde ich sehr interessant. Das gibt es ja in gewisser Weise in den USA.

Titus: Genau, da haben die Amish ihre eigenen Siedlungen.

Sebastian: Oder da gibt es auch Ave Maria City nur für Katholiken und so. Das finde ich unheimlich spannend, du ziehst einfach in die Stadt, die letztlich deiner persönlichen Situation am meisten entspricht.

Titus: Genau! So habe ich es in meinem Buch auch geschrieben. Das kann sogar so sein, dass es sich für eine Einzelperson im Laufe des Lebens ändert. Jemand will am Anfang vielleicht etwas erleben, dann will er richtig Geld verdienen und wenn er alt ist, will er unter seinesgleichen leben. Und dann zieht er eben woanders hin. Das ist, glaube ich, schon eine Option, die man haben kann. Unser Ziel ist natürlich, dass alle dort glücklich bis an ihr Ende leben und dass wir auch eine Art Gemeinschaftsgefühl entwickeln, bedingt durch die gemeinsamen Werte, dass man eben schon sagt, Freiheit und Selbstbestimmung sind uns wichtig, sonst würden wir auch nicht hier sein. Natürlich kommen viele Leute, nur weil sie hier Geld verdienen können, aber ich glaube, wer dort eine Weile wohnt, bekommt natürlich schon mit, warum bestimmte Dinge anders laufen als in herkömmlichen Staaten. Und wenn er das gut findet, dann wird er auch die Stadt als solche unterstützen und stolz sein, Bürger einer freien Stadt zu sein. Wenn er es nicht gut findet, kann er jederzeit wieder wegziehen und in ein System gehen, das ihm besser gefällt.

00:28:23 - Das Aus für öffentliche Leistungen?

Sebastian: Titus, bestimmte Dinge würde es wahrscheinlich dann einfach nicht geben, oder? Wir sehen das ja auch heute schon ein bisschen in den USA, in den Kommunen und kleineren Städten, die relativ freiheitlich organisiert sind, also Dinge wie zum Beispiel öffentlicher Nahverkehr. Busse vielleicht schon, aber Schienen oder ein großes U-Bahn-Netz könnte man praktisch nie bauen, weil es letztlich viel zu teuer ist und sich nie wirtschaftlich effizient betreiben lassen könnte.

Titus: Das ist die Frage. Ich glaube schon. Als es losging mit Straßenbahnen und Bussen, da war das ja immer alles privat. U-Bahnen sind natürlich schon eine andere Hausnummer, aber man muss sich natürlich auch fragen, warum mache ich eine U-Bahn, wenn es sich nicht rechnet. Wenn sich etwas nicht rechnet, heißt das normalerweise, da werden zu viele Ressourcen verschwendet, die man besser an anderer Stelle einsetzt und ich kann mir vorstellen, dass jetzt mit autonomem Fahren usw. der öffentliche Nahverkehr vermutlich hinfällig ist. Ich kann eine Art AirBnB auch für Autos machen. Da stehen dann irgendwelche Autos, da steige ich ein, die fahren autonom irgendwohin, da brauche ich keinen Bus. Das muss sich natürlich in der Tat rechnen. Auf der anderen Seite muss ich als Stadtbetreiber natürlich auch dafür sorgen, dass es attraktiv genug ist. Das kann also durchaus sein, Sebastian, dass es sich für mich in der Gesamtkalkulation rechnet, so ein öffentliches Nahverkehrssystem mit anzubieten, das kostet natürlich dann wieder Gebühren, aber es ist für mich erstmal eine Vorausinvestition, die ich leiste, weil ich mir daraus ableite, dass dann mehr Leute kommen. Das ist die klassische Venture-Capital-Situation. Ich muss eine gewisse Infrastruktur schaffen, um attraktiv zu sein, damit überhaupt erst Leute kommen. Ich glaube eine U-Bahn nicht unbedingt, aber wir gehen auf die Größenordnung 10.000 bis 30.000 Leute. Wenn das voll ist, würden wir die gleiche Struktur nochmal replizieren. Warum? Weil wir wollen, dass eben in Laufweite eigentlich alle Dinge erreichbar sind. Wir wollen die maximale Lebensqualität aufgrund des architektonischen Wissens der Vergangenheit bis zur Gegenwart und da ist einfach die klassische italienische Stadt oder auch die antike Stadt das Vorbild, weil man da alles erledigen kann und eine maximale Lebensqualität hat. Ich glaube, die Modelle von heute, du hast eine Downtown mit riesengroßen Wolkenkratzern, was reine Bürotürme sind und abends fahren alle 30 bis 40 Minuten in die Vororte, wo ihre Wohnung ist und die Innenstädte sind dann mehr oder weniger ausgestorben. Ich glaube, ehrlich gesagt, nicht, dass das wirklich von den meisten Leuten als attraktiv angesehen wird, wenn es eben ein anderes Modell gibt. Aber auch da lasse ich mich gerne vom Markt eines Besseren belehren. Wir werden natürlich schon am Anfang sagen, das ist unser Entwurf, wir glauben, dass der attraktiv ist, wir müssen ein bisschen in Vorleistung treten, weil wir attraktiv sein wollen, damit jemand kommt. Aber im Übrigen überlassen wir die Weiterentwicklung dann tatsächlich der Nachfrage und dem Markt und dem, was dort von den Leuten angeboten wird, die selber kommen und sagen, ich bin Immobilienentwickler, ich glaub, wir machen hier ein Extra-Viertel nur für vegane Katholiken oder was auch immer irgendwelche Leute im Kopf haben. Wir werden tatsächlich schon angefragt von Leuten aus der Öko-Szene, die ihre eigenen Öko-Dörfer machen wollen. Ich habe jetzt gesagt: Wir haben ein Projekt in Afrika, da haben wir eigentlich genug Platz, da könnt ihr kommen, macht euer Dorf. Ihr müsst halt auch den Vertrag unterschreiben und die Regeln einhalten, aber ansonsten macht, was ihr wollt. Da gibt es eben auch ganz bewusst Freiräume für Leute, die einen alternativen Lebensstil pflegen oder auch etwas Neues ausprobieren wollen.

00:32:53 - Der Staat als Dienstleister - die Kosten

Daniel: Jetzt hast du vorhin schon mal so eine Hausnummer genannt, anstelle von den üblichen Steuern, die man heutzutage in einem bestimmten Wohnsitzland bezahlen muss. Da habe ich fast gedacht, ich habe mich verhört, als du den Betrag genannt hast. Deswegen wollte ich dich bitten: Sag den nochmal und vor allem, was ist da inkludiert? Was kostet mich das Wohnen in so einer privaten Stadt und was ist da drin?

Titus: Also, was dich das Wohnen kostet, kann ich dir nicht sagen, das hängt von Wohnungsgrößen und -wünschen ab. Was du für den Staat sozusagen, für eine Staatsdienstleistung bezahlst, das ist wenig. Das sind etwa 1.500 € pro Jahr. Warum? Weil es natürlich nur der klassische liberale Minimalstaat ist, der despektierlich Nachtwächterstaat genannt wird. Der sorgt für innere und äußere Sicherheit, setzt diesen Regulierungs-Rahmen, eine gewisse Verwaltung, eine unabhängige Streitschlichtung und eine gewisse Infrastruktur. Du musst natürlich selber für dich dann auch die Krankenversicherung bezahlen, du musst das Thema Bildung und Erziehung deiner Kinder selbst abdecken, aber der Vorteil ist, dass der Mindestbetrag, den alle zahlen müssen, klein ist. Das lässt dir optimale Spielräume, dein Geld so einzusetzen, wie das deiner Persönlichkeit entspricht. Sagst du: Ich wie ich will jetzt gar keine große Krankenversicherung, ich will eigentlich nur für die Hochrisiken versichert sein, das andere zahle ich aus eigener Tasche. Das geht in Deutschland zum Beispiel nicht, wenn du Arbeitnehmer bist. Du musst ja quasi immer nur das Einheitsprodukt kaufen, genauso mit der Rentenversicherung. Und da hast du dann maximale Flexibilität und so soll es ja auch sein, denn du bist ja selbst der größte Experte für dein Leben, was du brauchst. Natürlich gibt es Leute, die Sachen falsch machen, die dann ihr Geld verprassen und nichts auf die Seite legen. Die werden dann auch nicht bei uns auf der Straße verhungern, aber die werden halt Wasser an Brot kriegen. Warum? Es ist extrem wichtig, dass du die Konsequenzen deiner eigenen Entscheidungen auch tragen musst, um die nicht an die Allgemeinheit abdrücken kannst. Nur so kann ein Lerneffekt einsetzen. Was wir jetzt haben, ist ein umgekehrter Lerneffekt. Die Leute sagen, mir kann nichts passieren. Der Staat rettet mich. ob das jetzt ein Bail-out ist, ein Unternehmen was total riskante Finanzgeschäfte macht, wird vom Staat rausgehauen oder Leute, die einfach nicht für ihr Alter vorsorgen wollen. Kein Problem, der Staat haut sie raus. Sozialhilfe mit Flachbildfernseher und die Leute sagen, sie sind arm. Ja, Flachbildfernseher-Armut. Aber das ist natürlich auch ein ganz verheerendes Signal, weil es zeigt, du musst überhaupt nichts machen. Keine Arbeit, trotzdem Geld. Du musst auch nicht vorsorgen und du musst auch nicht auf deine Gesundheit achten, weil dir sowieso alles abgenommen wird. Und dann wundern sich die Leute, warum unsere Zeitgenossen immer weniger belastbar werden, immer dümmer, das muss man ja tatsächlich konstatieren und auch die Verhaltensweisen sich zunehmend von den zivilisatorischen Standards entfernen. Ich möchte das wieder umdrehen. Ich möchte sagen: Ihr seid für euch verantwortlich und es gibt eine Menge Hilfestellungen, aber ihr müsst Sie annehmen, es wird niemand gezwungen. Sorgt ihr nicht für euer Alter vor, lassen wir euch nicht verhungern, aber dann habt ihr einen sehr niedrigen Lebensstandard. Wasser und Brot sozusagen. Das habt ihr euch aber selbst eingebrockt. Die Kinder, die gucken sich das an und sagen: So will ich aber nicht mal enden. Das mag für manche hart klingen, aber ganz ehrlich, das ist die einzige Möglichkeit, um auf breiter Front wieder das Niveau zu heben, so dass die Leute wieder mündige Bürger werden, dass sie selbstverantwortliche Individuen sind, die auch selbstbewusst sind, die sagen, mit eigener Hände Arbeit hab ich das jetzt erschaffen, was ich hier habe. Ich hänge nicht am Tropf des Staates. Ich habe selbst für mich und meine Familie vorgesorgt. Das gibt einem auch einen gewissen Stolz und Lebenszufriedenheit und auch zu recht. Im Sozialstaat ist vielleicht das Schlimmere als die Umverteilungswirkung und die Enteignungswirkung das Verderben der Leute. Da bin ich auch nicht wirklich kompromissbereit. Ich denke, es kann nicht so sein, wenn wir dauerhaft vernünftige Leute haben wollen, dass wir die aus der Verantwortung für sich selbst entlassen. Das kann nicht sein.

00:37:45 - Sind die Freien Privatstädte für jeden zugänglich?

Daniel: Jetzt haben wir ungefähr gesehen, was das kostet und wie das funktionieren könnte. Wie viele solche Projekte gibt es denn momentan, die da laufen und wann denkst du, könnte man frühestens in die erste fertige Private City einziehen? Gibt es Wartelisten? Bewerbungsprozesse? Ich musste, als mich heute auf das Gespräch eingestimmt habe, ein bisschen an dieses Mars One denken. An die Mars-Kolonialisierung, da konnte man sich bewerben. Wie ist das mit der Bewerbung? Muss ich mich bewerben, kann abgelehnt werden? Zum Beispiel, nehmen wir mal, es gebe Italiener, die dahin ziehen wollen und du hast am Ende 200 Italiener, die ein italienisches Restaurant aufmachen wollen. Das würde ja dann auch wahrscheinlich nicht funktionieren?

Titus: Das wäre deren Risiko.

Daniel: Wie läuft so etwas?

Titus: Monaco macht es ja so, die sagen, als Anwalt kannst du nicht kommen, denn es gibt schon zu viele. Ich sehe das auch liberal. Ich sage: Dann gibt es halt zu viele Anwälte. Dann sinken die Preise und die Qualität steigt. Oder die Schlechtesten müssen dann halt aufhören. Das ist nicht das Problem, aber es gibt natürlich schon Kriterien, Daniel, da hast du recht. Und zwar aus Sicherheitsgründen. Es gibt bestimmte Leute, die willst du da nicht haben, weil die eben bekannt sind als Unruhestifter oder Kriminelle. Oder wirklich Diktatoren, die sich da verstecken und solche Themen. Das ist das eine. Das andere sind natürlich Leute, die politisch extrem sind, extremistische vor allen Dingen gewaltgeneigte Dinge vertreten. Die wollen wir auf keinen Fall. Und es gibt auch Sachen wie, wenn jemand sagt: Ich bin ein Islamist und alles muss noch der Scharia gehen, das passt aber nicht zu der liberalen Ordnung. Du musst akzeptieren, wenn deine Nachbarn auch deinen Gott verhöhnen. Und wenn du das nicht kannst, dann bist du hier am falschen Ort. Das sind ein paar Kriterien, wo man sagen muss, es wird schon die ein oder andere Ablehnung geben, aber das sind vermutlich relativ wenig Fälle. Von dem Normalbürger wird man erfragen: Wie willst du den Lebensunterhalt verdienen? Und da sagt er: Weiß ich nicht. Ein bisschen eine Idee sollte man schon. haben. Man könnte sich ja mal bewerben in der Freien Privatstadt. Wenn man genommen wird, sagt man: Jetzt stelle ich einen Antrag, hier habe ich Aussicht auf einen Job. Andere sagen, ich bin Unternehmer oder ich arbeite von zu Hause oder so. Dann dürfte es, wenn man da einigermaßen plausible Antworten gibt, kein Problem sein. Aber wir werden uns da auch nicht groß unterscheiden von anderen Stadtstaaten, die sich ja auch relativ genau anschauen, wen sie da reinlassen, ob das jetzt Singapur ist, Dubai oder Monaco.

Sebastian: Wenn man jetzt von Honduras spricht oder auch Afrika, dann würde ich davon ausgehen, dass man nicht die lokale Bevölkerung primär anspricht, sondern zum Beispiel Europäer, die jetzt vielleicht libertär gesinnt sind, die sowas wie digitale Nomaden sind, die von überall arbeiten können, wo die dann relativ einfach die Location wechseln können und dann in so einer Stadt auch leben können, das entsprechende Einkommen haben.

Titus: Nicht unbedingt.

00:41:24 - Wo gibt es das Modell der Freien Privatstädte schon?

Titus: Die Frage war ja auch, wo gibt es sowas schon? In Reinform gibt es das noch nicht. Wir arbeiten gerade daran, aber es gibt Mischformen. Also es gibt eine, die dem schon relativ nahe kommt. Das sind diese sogenannten CDs in Honduras. Da gibt es 3 CDs, die stehen jetzt auch unter Beschuss von der Regierung, also das Gesetz ist jetzt wieder widerrufen worden. Aber diese 3 CDs sind schon etabliert. Die haben eigentlich einen Bestandsschutz vor 50 Jahren und jede einzelne dieser 3 hat ein anderes politisches System. Und eine andere Zielgruppe. Also die erste CD, an der ich selber mitgewirkt habe, die Próspera auf der Insel Roatan, die spricht in der Tat eher Expats aus Europa und den USA an. Aber auch honduranische Mittelschicht oder auch ganz normale Leute, die Arbeit suchen. Die sind natürlich deshalb aus Honduras, weil es für sie naheliegend ist. Es ist halt der kürzeste Weg. Die zweite CD, die spricht praktisch ausschließlich Honduraner an. Das ist praktisch eine Arbeiter-CD. Da hat man bestimmte Unternehmen angesiedelt, die eben im Logistik-Bereich, Call Center, Distribution, relativ arbeitsintensive Sachen machen, aber die Leute, die dort dann wohnen, die haben eine bessere Sicherheit, das ist in Honduras ein wichtiges Thema. Die haben auch eigentlich eine bessere medizinische Versorgung und sie haben eine bessere Infrastruktur. Und sie verdienen ein bisschen mehr als im Rest von Honduras. Das heißt, für den einfachen Arbeiter ist das auch hoch lukrativ. Die dritte CD ist eine reine Industrie-CD, da wird irgendwas produziert. Jeder hat ein anderes Rechtssystem. Die Industrie-CD hat gesagt, wir nehmen einfach das Recht von Delaware. Die CD für Morazán, die mehr für die honduranischen Arbeiter ist, die hat im Wesentlichen Gesetze von Honduras übernommen, sie aber in bestimmten Bereichen im liberalen Sinne abgewandelt, wohingegen die CD Próspera ein komplett neues System hat. Die hat ein Common Law System. Das hat überhaupt nichts mit dem honduranischen Rechtssystem zu tun. Das ist ein komplett anderes System. Próspera ist eben, weil die Idee von den Honduranern war, so eine Art Hongkong zu schaffen, ein Mischsystem zwischen Freier Privatstadt und Top-Down- Hongkong-Lösung. Da gibt es ganz viele innovative Dinge. Die kommen permanent mit neuen Ideen. Dort wird auch gebaut. Da stehen 60 Mio. zur Verfügung, die dort investiert und verbaut werden. Da kann man sich tatsächlich schon bewerben, zu finden auf prospera.hn. Da kann man sagen: "Ich habe Interesse, ich würde gern dort möglicherweise hinziehen oder zumindest als E-Resident mal gucken. Man kann also elektronischer Resistent werden als erster Schritt und dann hat man das Recht, sich dort 30 Tage im Jahr sich aufzuhalten und man kann dann entscheiden, hier Vollresident zu werden. Die afrikanischen Modelle, an denen ich zum Beispiel auch mit meiner Firma arbeite, die sind noch nicht spruchreif, also kann man sich auch dort noch nicht bewerben. Aber ich gehe davon aus, dass das erste afrikanische Projekt (es gibt auch zwei andere Gruppen, die so etwas machen) in den nächsten 6 bis 12 Monaten spruchreif wird. Da kann man sich dann auch bewerben. Ich würde für Interessenten sagen, es ist jetzt noch eine relativ früh. Es ist leider nicht so, dass ich sagen, du kannst schon zwischen 20 Freien Privatstädten wählen überall auf der Welt. Es sind natürlich in erster Linie Schwellenländer, die sich auf so etwas einlassen, weil sie sich davon etwas versprechen, Jobs, Investments, die andernfalls nicht kämen. In Europa sind wir dran, aber das werden dann auch eher so Peripherie-Staaten sein. Also nicht EU oder Kerneuropa. Auf der auf der Webseite der Stiftung free-cities.org gibt es einen Newsletter. Er kommt nicht allzu oft, da kann man sich eintragen. Wenn es neue Projekte gibt, wird man informiert und dann kann man sagen: "Ok, das würde ich mir gerne mal näher anschauen. Wir haben auch ein Verzeichnis auf der Website darüber, wo es Freiheits-Projekte unterschiedlicher Ausprägung auf der Welt gibt. Da kann man dann schon mal gucken. Zum Beispiel istdie Insel Sark dabei, wo der Swen Lorenz sehr aktiv ist. Solche Alternativen zu den klassischen Auswanderungsländern gibt es dort.

Sebastian: Jetzt hast du gesagt, dass Projekte in Honduras gerade staatlich angegriffen werden. Was ist der Grund dafür? Was ist das Problem?

Titus: Die jetzige Präsidentin, die im November gewählt wurde, im November ist eine Sozialistin. Sie hat schon Wahlkampf damit betrieben, dass sie diese Sonderzonen wegbekommen will mit der Begründung: "Honduras is not for Sale". Das ist immer wieder der gleiche demagogisch populistische Quatsch nach dem Motto "Da kommen reiche Ausländer und nehmen euch euer Land weg". Das Land, was dort ist, und zwar in allen drei Fällen ist ganz normal von Privatpersonen gekauft worden und dort hat niemand gewohnt vorher. Da wurde also niemand irgendwie geschädigt oder vertrieben. Das ist alles ganz viel Politpropaganda und auf der anderen Seite sind natürlich die bestehenden CDs jetzt geschützt. Da hat sich die Regierung noch nicht rangetraut, weil sie dann natürlich schadenersatzpflichtig ist. Dann wird es ein internationales Schiedsgerichtsverfahren geben. Und die Próspera CD, die Leute sagen, wir sind rechtlich genug geschützt. Die sagen, wir machen einfach weiter, als ob nichts geschehen wäre und je mehr sich so eine CD entwickelt, desto mehr Arbeitsplätze gibt es dort für Honduraner, desto mehr sehen die Leute: "Hey, guck mal, das ist eine gute Sache, da hab ich bessere Sicherheit, weniger Korruption. Ich hab eine bessere medizinische Versorgung, eine bessere Infrastruktur, ich verdiene mehr, sag mal was wollt ihr eigentlich mit dem "Honduras is not for sale"? Es ist doch hier viel besser als bei euch. Das ist im Grunde ja auch die Idee der Honduraner gewesen, die dieses Modell eingeführt hatten. Die haben gesagt, wenn das funktioniert, dann sollen diese CDs auch wachsen können. Das heißt, es sollen andere Gemeinden per Volksabstimmung oder Grundstücke per Entscheidung des Grundeigentümers, sich da andocken können. Aber wie gesagt, das ist jetzt nicht mehr möglich, weil das Gesetz widerrufen wurde.

00:47:52 - Freie Privatstädte als steuerfreie Zonen

Daniel: Ich habe jetzt noch eine Frage für unsere Zuschauer und Zuhörer, um das nochmal ganz klar festzuziehen. Die Free Cities befinden letztendlich, in den meisten Fällen, auf Staatsgebiet von Staat XY, aber wenn ich mich entscheide in diese Free City zu ziehen, bezahle ich als Person keine Steuern an den Staat, auf dessen Boden ich sozusagen lebe und vermutlich genauso auch nicht als Unternehmen?

Titus: Genau, wir haben immer mit dem Staat für euch verhandelt, dass wir eine steuerfreie Zone sind innerhalb des Staates. Wir beziehen eben diesen Beitrag und wir müssen in der Regel dem Staat auch etwas dafür bezahlen.

Daniel: Das war meine Frage, genau.

Titus: Dann können wir seine Armee, seinen internationalen Schutz, seine Infrastruktur mitbenutzen. In Honduras sind es 12 % der Steuereinnahmen der Zone. In dem honduranischen Modell ist es so, da muss eine Steuer erhoben werden. Das ist vorgeschrieben, quasi vom Gesetz. Und von den Einnahmen gehen 12% an den honduranischen Staat.

Daniel: Das war meine Frage.

Titus: Aber du selber bist nicht im honduranischen Staat steuerpflichtig, auch nicht die Unternehmen dort.

Daniel: Okay.

Daniel: Und wie ist es mit Dingen wie Einwanderungsrecht? Gilt das Einwanderungsrecht von Honduras oder ist das komplett separat?

Titus: Das ist meistens ein Mischmodell. In der Regel sind die Staaten nicht bereit, das komplett aus der Hand zu geben. Aber es gibt Staaten, wo die Einwanderung relativ leicht ist. In Honduras zum Beispiel kann man relativ einfach einwandern. Ich habe jetzt mit einer Regierung in Afrika für ein erleichtertes Verfahren verhandelt, sodass wir quasi auch Papiere ausstellen können. Aber in der Regel wird es tatsächlich ein Partnerschaftsmodell sein, wo man sagt: "OK, die haben ein erleichtertes Verfahren, die können schneller rein, aber unsere Immigrations-Behörden müssen wissen, wer da kommt. Wir haben auch ein Vetorecht bei irgendwelchen Staatsfeinden von unserem Land. Die sollen nicht in dieser Stadt leben. Das sind natürlich Fälle, die sehr, sehr selten sind. Im Grunde ist das ein Bereich, Sebastian, der muss sich noch rausbilden. Es kann sein, dass sich da im Laufe der Jahre tatsächlich ein Standard etabliert, so dass das alles einfacher wird und dass die Städte selber über die Einwanderung bestimmen dürfen.

00:50:23 - Ablauf und Finanzierung des Baus der Free Cities

Daniel: Nun kostet das ja eine ganze Menge Geld, solch eine Free City zu bauen. Du hast gesagt, es laufen eine ganze Reihe von Projekten zur Zeit. Wie wird so etwas finanziert?

Titus: Eine ganze Reihe von Projekten ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Also echte freie Städte, zumindest mit einer Teil Autonomie, davon gibt es vielleicht eine Handvoll. Es ist auch kein einfaches Thema. Da musst du jahrelang mit dem Staat verhandelt und gibt es ein extra Gesetz. Da gibt es dann einen extra Vertrag mit dem Staat usw. Das ist schon ein dickes Brett zu bohren. Aber es ist natürlich zum einen dann danach ein klassisches Immobilien-Projekt und man hat mehr Gewinnmöglichkeiten, denn, mal ganz plakativ gesprochen: Du gehst in ein Dritte-Welt-Land, kaufst zum Dritte-Welt-Preis den Grund, machst dann einen Erste-Welt-Rahmen außen herum und dann steigt natürlich der Wert des Landes. Das ist auch für Investoren interessant und deshalb kommen die und sind da mit dabei. Die meisten Leute, die bisher investiert haben in Honduras sind schon Leute, die das auch aus Idealismus machen, die einfach auch was Neues fördern wollen. Die sind auch nicht zufrieden mit dem jetzigen System und sind bereit, ein bisschen ins Risiko zu gehe. Aber ich kann mir vorstellen, dass es, wenn es dann ein paar solcher Modelle gibt, ein ganz normales Investitionsfeld ist, ähnlich dem Immobilien-Investment.

Sebastian: Im Grunde genommen, wenn ich darüber nachdenke, was es bedeuten würde, solch eine Siedlung aus dem Erdboden zu stampfen, das Know-how dafür ist ja letztlich sowieso auf dem Markt vorhanden. Wir kennen das so in Europa vielleicht nicht, aber wenn ich mal das Beispiel aus den USA bringe, ist es relativ normal, dass man solche Siedlungen dort aus dem Boden stampft, Straßen komplett neu baut, Kanalisation und so etwas braucht man möglicherweise nur bis zu einem bestimmten Grad. Jeder kann seinen eigenen Septic Tank haben oder so etwas. Da gibt es ja relativ viele erprobte Modelle. Titus, sobald das rechtlich alles geklärt ist mit dem Staat, das eigentliche Doing, das ist eigentliche Bauen, das Wissen ist vorhanden in der Welt, auf dem Markt.

Titus: Ja, das ist in der Tat nicht wirklich ein Riesenproblem. Wir haben eigene Architekten, einen Stab von Leuten, viel Rechtliches,, aber auch Architekten, die solche ein Know-how mitbringen für bestimmte Bereiche. Damit schiebt man solch ein Projekt an, dann tut man es in eine Projektgesellschaft und die stellt dann eigene Leute vor Ort ein. Für diese ganzen Themen wie Entwässerung, Energie usw., da hat man tatsächlich spezialisierte Ingenieurbüros, die das machen, die auch die Straßenbau-Planung machen und wir holen uns von denen regelmäßig Gutachten ein und sagen: "Wie könnten wir das hier gestalten?" und wird das eben geplant. Das ist für die auch nichts Neues, weil die das ja auf der ganzen Welt machen. Da gibt es auch welche, die spezialisiert sind auf Afrika. Das ist wirklich etwas, was man einkaufen kann. Das sehe ich jetzt wirklich als ist ein rein technisches Problem, was man abwickeln kann, die rechtlichen und politischen Dinge, die sind viel schwieriger, weil das wirklich Neuland ist.

Sebastian: Klar, wir haben jetzt nicht so ein Projekt wie Stuttgart 21 oder Flughafen Berlin-Brandenburg. Das sind alles Dinge, die sehr realistisch sind. Ja, also ich sehe die rechtliche Seite. Und dem Staat ist das natürlich schwierig, aber dort eine schöne Stadt hinzubauen - ich schaue auf ein Bild, das ich gefunden habe von Próspera, das sieht sehr schön aus mit den Willen und den Palmen am Strand. Das sind wahrscheinlich dann Häuser, die keinen Keller haben, den gibt ja zum Beispiel in Amerika auch nicht, in den meisten Häusern. Aber dass man da eine sehr hohe Lebensqualität erreichen kann und etwas sehr Schönes aufbauen kann innerhalb von wenigen Jahren, das ist absolut nicht illusorisch. Das ist total realistisch.

Titus: Genau, man muss ja nicht gleich wie in China leere Millionenstädte bauen und dann hoffen, dass die Leute kommen. Es ist so, wir ziehen eher auf eine Größenordnung von 10.000 bis 30.000 und auch in so einem Konstrukt wird es natürlich Bereiche geben, wo man eher günstig Wohnungen kaufen kann und wo man eher ein Villenviertel hat. Da wird man sich jeweils an den potentiellen Zielgruppen orientieren, die es dann im jeweiligen Land gibt oder in der jeweiligen Region oder wenn man halt glaubt, man kann dann Leute aus Europa anziehen. Die Umsetzung ist in der Tat machbar, da gibt es schon viele Präzedenzfälle. Es gibt ja heute auch alle möglichen Baumaterialien und Erfahrungen. Es gibt eine Menge neue Technologien. Natürlich, wenn man jetzt so Insellagen hat, dann ist es ein bisschen teurer, die Sachen zu importieren, aber im Grunde kriegt man ja heute überall auf der Welt alles irgendwie geliefert.

Daniel: Du hast ja gesagt, du warst früher auch mal in der Politik aktiv. Wenn du heute mit so einem gestandenen Politiker darüber sprichst, der ein Fan von dem klassischen Staatskonstrukt ist. Wie reagieren denn die auf deine Idee, auf dein Konzept?

Titus: Meistens mit Unverständnis, die verstehen gar nicht, was das Problem ist. Die sagen, das ist alles gut. Wer nicht zufrieden ist, muss eine andere Partei wählen. Es gibt aber auch welche, die das erkennen. Gerade in den Ländern, wo wir sind. Das sind Länder, die halt nicht funktionieren, die Probleme haben. Die sagen ok, das könnte gehen, um dieses Korruptionssumpf zu umgehen. Und es ist auch gut, wenn man Richter holt von außen, weil die hier innen, die sind alle verwandt und die haben irgendwie einen Gefallen zu tun usw. Das ist in kleineren Ländern ganz schwierig. Selbst in Monaco holen sie die Richter aus dem Ausland. Denn das geht einfach nicht, wenn sich alle untereinander kennen und alle miteinander verwandt sind und der Richter ist dann mein Onkel und oder ein Buddy. Das geht nicht gut. Von daher gibt es schon Politiker, die das Potential erkennen, aber ich ein gestandener europäischer Politiker, der versteht überhaupt nicht, wovon ich spreche. Die glauben ja, die Weltregierung ist die blühende Zukunft. Dass wir tatsächlich genau in die andere Richtung gehen und, glaube ich, auch Erfolg haben werden, denn es sind eben kleine dezentrale Einheiten, die können schneller und besser Entscheidungen treffen als ein riesiger Wasserkopf, der sich anmaßt, für die ganze Welt zu entscheide. Das wird nicht gutgehen, die werden das noch lernen, aber in der Zwischenzeit müssen wir eben mit denen ins Geschäft kommen, die offen sind für die Dinge, und die gibt es zum Glück.

Daniel: Im Prinzip würde man sagen, so eine Stadt ist politisch neutral, eine politisch neutrale Zone und es kommt kein Wahlzettel alle paar Jahre in den Briefkasten.

Titus: Das kommt darauf an. In Honduras ist es so, die Honduraner dürfen natürlich wählen. Das werden wir ihnen auch nicht verwehren. Das hat aber eben nichts mit der Stadt zu tun. Sie wählen halt den Präsidenten von Honduras. Insoweit hast du Recht. Das ist auch das Ziel der Sache. Wir wollen eine Parteipolitik, Verteilungskämpfe usw. nicht haben. Wir sind politisch neutral, wir sind unpolitisch in gewisser Weise, sodass was wir sagen, ihr könnt ja auch machen, was ihr wollt. Ihr könnt euch politisch zusammentun und sagen, wir wollen jetzt einen Expeditionskorps in die Ukraine schicken. Dann sag ich: Mach doch, aber auf eigene Kosten. Dann können sich die Leute selbst politisch aktiv zeigen, bestimmte Dinge unterstützen. Sie können aber niemanden dazu zwingen, mitzumachen, das ist der große Unterschied. Und zwar auch nicht mit Mehrheit. Das ist der große Unterschied zu dem bisherigen Modell und das sichert euch die Freiheit und ich hab auch den Anreiz, dass ich nicht Geld verschwende. Das ist ganz wichtig, dass diese Gewinnorientierung da ist. Man kann natürlich eine freie Privatstadt auch als Genossenschaft organisieren. Die gehört dann allen Bürgern. Aber auch eine Genossenschaft muss zumindest eine schwarze Null erreichen. Dieser Anreiz ist wichtig. Der führt nämlich dazu, dass kein Geld verschwendet wird. Kriege sind nunmal extrem teuer. Waffenlieferungen sind extrem teuer, irgendwelche Spinner-Technologien zu subventionieren ist rausgeschmissenes Geld. Das das ist nicht Aufgabe des Staates und niemand würde das auch tun in einer Freien Privatstadt als Staatsdienstleister, weil er damit ja seinen Gewinn schmälert oder sogar in die Verlustzone gerät, genauso wie am Konferenz-Zirkus teilzunehmen oder 5.000 Politiker einzuladen auf der ganzen Welt. Das kann sich niemand leisten, der wirklich dafür sorgen muss, dass hier ein Überschuss entsteht. Das ist sehr, sehr gut und sehr, sehr heilsam.

Sebastian: Ist vor dem Hintergrund von dem, was du gerade gesagt hast, vorstellbar, dass so eine Freie Stadt Mittel am Kapitalmarkt aufnimmt? Zum Beispiel über eine Anleihe, die dann die Bürger kaufen können, um solche Projekte mit zu finanzieren?

Titus: Die Überlegung ist durchaus naheliegend. Es gab sogar so diesen Fall, zum Beispiel diese Bitcoin City in El Salvador, die dort geplant ist, die wollt ja einen Bond aufnehmen, einen Bitcoin Bond. Das ist ja im Grunde eine Anleihe, die eine Kommune begibt. Da denke ich, dass wir da besonders prädestiniert für sind mit unserer privaten Rechtsform, vielleicht sogar auch mal einen Börsengang zu machen mit so einer Stadt. Man muss sich mal vorstellen, wenn Singapur heute an die Börse ginge, das hätte eine extrem hohe Bewertung, und zwar zu recht, weil sie das einfach gut gemacht haben seit 1960 oder 1963, seitdem sie unabhängig sind. Jedenfalls sind das Themen, wo wir absolut offen sind, wo wir uns durchaus vorstellen können, ganz normal an den Kapitalmarkt zu gehen. Aber man muss sich erstmal etablieren, man muss erstmal zeigen, dass das Modell funktioniert und idealerweise dann noch replizieren. Dann ist es auf einmal ein Markt, dann sagt man, das ist so sind eben diese freien Städte, das ist ein neuer Markt. Man weiß inzwischen wie es geht, man macht einen Vertrag mit der Regierung, die machen eine Gesetzesänderung und dann hat man sein Territorium und dann macht man die Bürgerverträge. Es gibt eine Menge Dinge zu beachten. Wir haben zum Beispiel eine Klausel jetzt gerade verhandelt mit der Regierung, das war eine Tax Protection. Da bekommt die Regierung garantiert , dass nicht bestehende Firmen abwandern in die Freie Privatstadt und sie dann das ganze Steueraufkommen verlieren. Firmen, die ihren Sitz verlegen in die Freie Privatstadt, müssen weiterhin an den Staat versteuern. Nur Neugründungen werden davon ausgenommen. Dann hat man dieses Problem mal gelöst. Es gibt, es gibt eine Menge Zeitprobleme, aber auch das ist alles lösbar. Ist auch alles nicht so ganz neu, weil Sonderwirtschaftszonen ähnliche Probleme haben. Dabei sind auch Monaco - Frankreich, Lichtenstein - Schweiz, San Marino - Italien da gute Präzedenzfälle sind.

01:02:54 Welche Währung ist in der Freien Privatstadt gültig?

Daniel: Mit welcher Währung bezahle ich denn in der Stadt und wie kann ich mir das vorstellen? Nehmen wir mal an, jemand kommt jetzt mit 250.000,00€ und sagt, ich ziehe jetzt in die freie Stadt. Was passiert jetzt mit den 250.000€? Wird das dann konvertiert in irgendeine Währung, die es nur in der Free City gibt?

Titus: Wir sind grundsätzlich Free-Banking-Leute. Das heißt, du kannst machen, was du willst. Du kannst deine Euros mitnehmen. Es ist dann immer eine Frage, wo gibt es eine Bank? Welche Währung bietet die an? Oder du bleibst einfach bei deiner Bank in Deutschland oder in der Schweiz. Das ist völlig dir überlassen. Das wird ja in Zukunft auch immer mehr direkten Zahlungsverkehr zwischen Individuen geben. Dann hast du vielleicht deine 250.000€ auf dem auf dem Handy, Wie dem auch sei, du kannst bei uns mit Euro bezahlen, wenn du Leute findest, die deine Euro akzeptieren. Du wirst vermutlich eine Regionalwährung haben, die die Leute benutzen. Eine der großen Währungen, USD oder Euro. Wir werden anregen, dass mit Bitcoin bezahlt wird, also auch über den Lightning System kleinste Beträge. Die einzige Vorgabe, die wir machen, ist, in welcher Währung du einen Jahresbeitrag bezahlen musst. Und irgendwelche Gebühren, die anfallen für Dienstleistungen. Alles andere können die Marktteilnehmer unter sich selbst ausmachen.

Daniel: Und das ist welche Währung zum Beispiel, mein Jahresbeitrag? Dollar, Euro Bitcoin?

Titus: Es kommt darauf an, wo man ist. In Honduras ist es US-Dollar, in Afrika wird es eher Euro sein. Man kann vermutlich parallel auch in der Regionalwährung bezahlen oder in Bitcoin.

01:04:42 - Firmen gründen in der Free City

Sebastian: Ich habe auf der Webseite von Próspera gelesen, man kann auch dort eine Firma gründen, die Kosten sind noch sehr erschwinglich. Ist das ein Markt für jemanden, eine Firma dort zu gründen, der nicht dort wohnt? Ist das gewollt? Ist das vorstellbar? Zu den Steuern, das steht der Steuersatz, 7,5%, wenn die Stadt bis 2030 mehr als 50.000 Einwohner hat. Ist das etwas, was nur symbolisch ist oder kann ich dort wirklich eine Firma gründen?

Titus: Du kannst da direkt eine Firma gründen. Ich kenne Leute, die das schon gemacht haben. Ich war ja selbst dort beteiligt. Ich glaube, damals hatten wir gesagt, wenn ich mich recht entsinne, es muss einen lokalen Registered Agent geben. Das heißt, wenn du quasi nicht in Próspera lebst, ist es schwierig, das Geschäft zu machen und Firmen zu gründen. Aber du kannst natürlich für dich selber eine Firma gründen, zahlst dort deinen Jahresbeitrag. Es gibt jetzt auch, glaube ich, eine Bank. Wir haben jetzt im Oktober eine Konferenz, da kommen auch Leute, die Banken in Próspera gründen wollen, mit denen muss man mal reden, weil es ist sehr wichtig, wenn man ein Unternehmen hat, dass man auch eine Bank hat.

Sebastian: Ganz klar.

Titus: Wenn man das beides haben kann dort, dann ist es unter Umständen schon interessant. Das hängt natürlich davon ab, wofür man die Firma verwenden will, aber für eine Holding oder so wird es allemal gehen.

01:06:23 “Liberty in Our Lifetime” - eine Konferenz der Free Cities Foundation

Titus: Also ich würde gern die Gelegenheit nutzen, auch für die Konferenz zu werben. Die ist jedes Jahr, die heißt "Liberty in Our Lifetime" und da geht es eben um solche alternativen Modelle des Zusammenlebens, um Parallelstrukturen auch im Finanzbereich, dieses Jahr auch mal um den Erziehungsbereich, Bildung und Erziehung. Da stellen sich viele neue Projekte vor, die Leute von Próspera sind da, vom Seasteading Institute. Unsere Firma ist vertreten und so weiter. Das ist sicherlich was, was interessant ist und findet jetzt statt vom 21. bis 23. Oktober in Prag. Wenn Interesse besteht, kann man auch mit einem Discount-Code 15% Nachlass bekommen.

01:07:09 - Erste Einwohner und E-Residenten

Sebastian: Sehr interessant! Auf der Webseite von Próspera steht, dass die Bevölkerung dort schon bei 50.000 ist. Ist das die ganze Insel Roatan oder wie muss ich mir das vorstellen?

Titus: Das ist eher die Insel, auf keinen Fall die Zone.

Sebastian: Diese Zone als Beispiel für ein bestehendes Projekt - da kann man schon leben? Da wohnen auch schon Bürger?

Titus: Da wohnen jetzt die ersten Leute, genau. Die haben auch dieses große Golfresort erworben, was benachbart war und da müssen die Einzelnen sich aber entscheiden, ob sie dazugehören wollen oder nicht. Aber es werden jetzt schon noch weitere Wohnhäuser gebaut. Ich kann mir vorstellen, dass 50.000 die Endausbaustufe ist, also die Zielbevölkerung ist für CD Próspera. Da geht es aber jetzt erst los. Es sind momentan noch nicht viele da. Das sind halt Leute, die dort arbeiten. Aber jetzt wird gebaut, es werden größere Häuser, es werden Appartmenthäuser gebaut und das geht jetzt los.

Daniel: Ich habe auch gesehen, man kann auch E-Resident werden, ähnlich wie in Estland. Was habe ich für einen Vorteil, wenn ich E-Resident bin?

Titus: Du kannst eine Firma dort gründen und das ist eine Art Vorstufe zur Vollresidenz. Du kannst dich dann 30 Tage im Jahr dort aufhalten und mal schauen, ob es dir gefällt. Ich glaube, die meisten, die das jetzt machen, machen das entweder, weil sie das Projekt gut finden und unterstützen wollen oder weil sie eine Firma dort gründen wollen. Da ist Voraussetzung, dass du E-Resident bist, damit du eben auch diesen Vertrag unterschreibst. Es ist tatsächlich so, dass die Leute, die das Estländische oder estnische System aufgebaut haben, die haben auch das System in Próspera gemacht.

Daniel: Interessant!

Titus: Dieselben Leute. Das ist schon, wie man sagt, "sophisticated". Da ist schon enorm viel Gehirnschmalz reingeflossen. Die haben jetzt auch, weiß ich nicht, 3.500 Seiten Regulierungen, aber es ist natürlich im Vergleich zu einem normalen Land immer noch ein winziger Bruchteil. Die meinen, damit kann man auskommen. Ich glaube, man kann auch mit weniger auskommen, aber das zeigt, da ist wirklich ein komplett neues System geschaffen worden. Es sind viele neue Ideen, die da eingeflossen sind. Da werden auch nicht alle funktionieren, aber es ist einfach spannend und es ist schön, dass es sowas jetzt gibt. Das ist auch ein bisschen ein Schaukasten und ein Experimental-Labor, was funktioniert, was nicht funktioniert. Ich glaube, da könnten wirklich alle nur von profitieren.

01:10:05 Free Cities als Modell für das Europa der Zukunft?

Daniel: Wo siehst du dich denn in 10 oder 20 Jahren? Siehst du dich in einer dieser Citys wohnen?

Titus: Selbstverständlich! Ich mache das ja, weil ich das selber gut finde und ich habe natürlich schon die Hoffnung, Daniel, dass wir irgendwann mal nach Europa zurückkommen können. Wir fangen jetzt an der Peripherie, um zu zeigen, dass es funktioniert und diesen Staaten, den können wir unmittelbar einen Vorteil bieten. Irgendwann glaube ich schon, dass die EU nicht mehr sein wird oder eben nicht von der jetzigen Form und dann ist unsere Zeit gekommen. Dann können wir sagen: "Pass mal auf, guck in die und die Länder, das funktioniert. Jetzt guck nach Europa und wir machen das, was es schonmal gab, nämlich freie Reichsstädte, die heißen jetzt Freie Privatstädte oder Freie Städte oder irgendwie anders, völlig egal wie die Bezeichnung ist, aber die sind eben autonom und können ihr eigenes Ding machen und die Bürger werden in Ruhe gelassen von euren Ideen. Da wird eine Zeit kommen, wo das möglich ist. Die ist jetzt noch nicht, aber die kommt und in 10 bis 15 Jahren ist die vielleicht da. Dann ist meine Lieblingslösung das Mittelmeer, Italien, Griechenland. Wie früher in der Antike, weil das ist ideal. Das ist erstmal klimatisch ideal und zweitens auch verkehrstechnisch toll, weil man dann alles mit dem Schiff machen kann? Man kann ja nicht abgeschnitten werden vom Weltmarkt und das ist meine Hoffnung, ein bisschen die Vision, dass es sowas wie die griechischen Stadtstaaten irgendwann wieder geben wird, auch wieder im Mittelmeer, aber größer, dann über die ganze Welt verteilt und ganz verschiedene Modelle. Jeder kann sich sozusagen aussuchen, was ihm am besten gefällt. Da gibt es dann auch Leute, die sagen, ich will aber nur meine Sprache und meine Kultur. Das ist völlig ok. Andere sagen nein, wir sind total gemischt und total international. Das ist auch ok, weil die Teilnahme freiwillig ist.

Daniel: Ja, Griechenland hat ja über 1.000 Inseln, also vielleicht gibt es ja die eine oder andere Insel, auf der man so ein Konzept auch mal steuern kann.

Titus: Ja, Inseln gibt es genug, nur die Bereitschaft der Regierung, solche Konzepte zuzulassen, ist nicht vorhanden. Auch die Öffentlichkeit will das nicht. Das muss man ganz klar sagen, den Europäern geht es noch zu gut. Aber das wird sich ja jetzt ändern und dann ist auch die Bereitschaft wieder da, auf einmal neue Konzepte auszuprobieren. Wenn nämlich die bisherigen gescheitert sind, das haben wir in Ländern wie in Honduras und in vielen afrikanischen Ländern schon, da wissen die Leute, wir sind eigentlich ein Fake-State und deshalb sind sie bereit, was Neues auszuprobieren. In Europa ist es nicht so, da denken sie, sie sind die größten, "never change a winning team", aber sie sind halt kein "winning team" und deshalb wird auch da irgendwann die Zeit kommen, dass die neue Dinge ausprobieren wollen und nicht wieder irgendeinen neuen Sozialismus oder einen neuen starken Führer, einen neuen Napoleon. Das hatten wir alles schon. Ich glaube, die Leute sind jetzt auch wirklich mal offen für neue Ideen.

Daniel: Ja, klasse, Sebastian, hast du noch Fragen?

Sebastian: Nein, ich habe keine mehr.

01:13:19 - Kontaktdaten und Informationsmaterial zu den Free Cities

Daniel: Dann sehen wir uns entweder in einiger Zeit wieder mal in so einem Rahmen des Interviews oder bei einer deiner Veranstaltungen. Wir blenden den Link ein. Jetzt hast du gesagt, in Prag in Kurzem. Wir verfolgen die Sache weiter, das war ein sehr, sehr spannendes Gespräch. Vielleicht noch eine eine Frage zum Schluss: Wenn jemand von unseren Zuschauern und Zuhörern das alles sehr, sehr interessant findet und er will da weitere Informationen haben, will am Ball bleiben, was empfiehlst du demjenigen?

Titus: Unbedingt auf die Webseite der Free Cities Foundation gehen, die free-cities.org. Da gibt es eine Menge Informationsmaterial, da gibt es einen Newsletter, der erscheint alle 3 Monate etwa, da werden die neuesten Entwicklungen dargestellt und da kann man sich informieren und kann auch eine Anfrage hinschicken. Da wird auch gesagt, was es alles für Projekte gibt. Dafür ist die Webseite auch gemacht worden. Damit Leute, die sich diese interessieren, mehr Infos kriegen und es gibt auch diverse Telegram-Gruppen. Es gibt eine Free-Cities-Telegramm-Gruppe, da werden auch immer alle möglichen Infos ausgetauscht. Es gibt die Lifetime-Liberty-Konferenz Webseite.

Daniel: Die können wir einblenden. Sehr schön!

Sebastian: Sehr gut!

Daniel: Vielen herzlichen Dank, Titus, das war sehr informativ, ein sehr interessantes Gespräch. Wir haben viel dazugelernt und das wird unseren Zuschauern und Zuhörern genauso gehen. Sehr spannendes Thema! Wir bleiben dran.

Titus: Prima, freut mich.

Sebastian: Danke an alle! Ciao.

Perspektive Ausland: Bis zur nächsten Folge von Perspektive Ausland, der Podcast für alle Unternehmer, die es ins Ausland zieht. Übrigens, wenn ihr keines unserer interessanten Videos mehr verpassen wollt, dann klickt doch jetzt gleich auf den Abonnieren-Button und auf die Glocke. Auch über Kommentare, Fragen oder einen Daumen hoch freuen wir uns sehr!

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