Darf die AfD recht haben? Die hysterische Reaktion auf einen sinnvollen Vorschlag
Wenn es in Deutschland um Steuern geht, steigen regelmäßig die Emotionen. Kaum ein Thema sorgt aktuell für so viel Zündstoff wie die sogenannte Wegzugssteuer – und der überraschende Antrag der AfD-Bundestagsfraktion, sie abzuschaffen. Doch worum geht es bei dieser viel diskutierten Steuer überhaupt, warum polarisiert sie so stark und wie steht es um die Chancen, dass sie abgeschafft wird? Dieser Blogpost wirft einen Blick hinter die Kulissen, ordnet historische Hintergründe ein und lädt dazu ein, die wirklich wichtigen Fragen zu diskutieren.
Was ist die Wegzugssteuer – und wen betrifft sie eigentlich?
Viele denken bei „Wegzugssteuer“ an ein Werkzeug, um Superreiche daran zu hindern, ihr Vermögen ins Ausland zu schaffen. Die Realität aber sieht anders aus: Wer als Unternehmer oder Investor mehr als 1 % an einer Kapitalgesellschaft hält – egal ob in Deutschland oder im Ausland – und das Land verlässt, muss auf die Wertsteigerung dieser Anteile beim Verlassen Deutschlands Steuern zahlen. Das gilt ab 2025 sogar für Investoren, die mindestens 500.000 € in ETFs angelegt haben. Typisches Beispiel: Du gründest eine kleine GmbH, die in zehn Jahren stattliche 2 Millionen Euro wert ist. Verlässt du dann Deutschland, musst du auf die Differenz zwischen Gründungskapital und aktuellem Wert eine erhebliche Steuer zahlen – selbst wenn du deine Anteile gar nicht verkauft hast. Der Schraubstock zieht sich also auch um diejenigen zu, die vielleicht gar nicht zu den Multimillionären zählen, sondern als Familienunternehmer eine Zukunft im Ausland suchen.
Die Verschärfungen der letzten Jahre: Grenzen werden dichter
Was früher noch möglich war, ist heute undenkbar. Bis 2022 konnten Unternehmer, die innerhalb der Europäischen Union umzogen, die Steuer meist aufschieben – erst wenn tatsächlich verkauft wurde, wurde auch wirklich gezahlt. Inzwischen aber greift die Wegzugssteuer sofort – auch bei einem Umzug innerhalb der EU. Das stellt den Grundsatz der Freizügigkeit innerhalb Europas ein Stück weit auf den Kopf. Selbst vergleichbare Steuern in Ländern wie Österreich, den Niederlanden oder den USA greifen meist nur unter strengeren Bedingungen oder lassen großzügigere Ausnahmen zu.
Der politische Vorschlag: Abschaffung der Wegzugssteuer
Im Bundestag brachte die AfD den Antrag ein, die Wegzugssteuer zu streichen und damit laut eigener Aussage einen Beitrag zu mehr Freiheit, wirtschaftlicher Eigenständigkeit und Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands zu leisten. Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten: Besonders aus dem linken politischen Spektrum wurde sofort der Vorwurf laut, hier gehe es nur darum, Reiche zu entlasten und dem Staat dringend benötigte Einnahmen zu entziehen. Doch trifft dieses Bild tatsächlich zu oder betrifft die Wegzugssteuer nicht doch weit mehr Menschen als nur eine kleine, exklusive Elite?
Historische Wurzeln mit dunklen Schatten
Ein besonders heikler Aspekt in der aktuellen Debatte ist der historische Ursprung der Wegzugssteuer. Ursprünglich eingeführt in den 1930er Jahren als sogenannte Reichsfluchtsteuer, wurde sie von den Nazis massiv ausgebaut und als Instrument gegen Juden und andere Bevölkerungsgruppen eingesetzt, um deren Vermögen zu konfiszieren. Nach dem Krieg galt dieses Kapitel als beschämend – die Steuer wurde zunächst gestrichen und später, in den 1970ern, wieder eingeführt.
Die Gegner der Abschaffung – oft vertreten durch Journalisten wie Sebastian Klein oder Lobbyorganisationen, die sich für die Beibehaltung der Steuer aussprechen – würdigen diesen Aspekt meist kaum. Dabei lohnt sich die kritische Frage, ob eine moderne Demokratie Gesetze mit derart düsteren Wurzeln weiter führen sollte, vor allem, wenn sie mittlerweile selbst dem europäischen Grundgedanken der Freizügigkeit zu widersprechen scheinen.
Freiheit oder Gerechtigkeit – ein falscher Gegensatz?
Natürlich gibt es überzeugende Argumente für eine Wegzugssteuer: Wer in einem Land Wohlstand aufbaut, soll auch dazu beitragen, dass der Staat funktioniert. Doch reichen Gerechtigkeit und Gemeinschaftssinn als Begründung aus, um unternehmerische Freiheit so massiv einzuschränken? Immer mehr Mittelständler und Familienunternehmer fühlen sich regelrecht gefangen: Sie wären bereit, sich neuen Herausforderungen im Ausland zu stellen, scheitern aber an der schieren Steuerlast beim Umzug. Während Superreiche oft längst Strukturen geschaffen haben, die es möglich machen, um diese Regelungen herumzukommen, trifft die Steuer vor allem die Unternehmer aus der Mitte der Gesellschaft, die vielleicht mit persönlichem Einsatz ein Unternehmen wachsen ließen und sich privat verändern wollen.
Brandmauern, Empathie und politische Rhetorik
Die Reaktion auf den AfD-Antrag zeigt vor allem eins: In Deutschland ist es politisch fast unmöglich, eine Steuer zu abschaffen, wenn der Vorschlag aus der „falschen“ Ecke kommt. Es dominiert das Prinzip „Brandmauer“ – selbst sinnvolle Debattenansätze werden sofort mit dem Hinweis auf die vermeintliche Nähe von „Rechts“ und „Reichtum“ verteufelt. Doch ob diese Strategie wirklich demokratischer oder einfach nur taktischer Natur ist, bleibt offen. In jedem Fall schadet sie einem offenen Diskurs und verhindert wichtige Reformen.
Ein Blick hinter die Kulissen: Verpasste Chancen
Es bleibt festzuhalten: Die Diskussion um die Wegzugssteuer ist symptomatisch für ein tiefergehendes Problem. Politik findet in Deutschland oft unter Ausschluss einer ehrlichen Debatte statt – stattdessen regiert die Angst davor, mit unliebsamen Positionen auch nur indirekt in Verbindung gebracht zu werden. Gleichzeitig wird der steuerpolitische Werkzeugkasten immer weiter gefüllt, Kontrollmechanismen und Bürokratie nehmen zu, und individuelle Freiheiten bleiben auf der Strecke.
Die eigentlichen Risiken für Deutschland
Während viel über die angebliche Gefahr von rechts gesprochen wird, bleiben strukturelle Probleme oft im Schatten: eine historisch belastete Steuergesetzgebung, die immer wieder justiert und verschärft wird; immer dichtere Kontrollen statt echter Freiräume; Gerichte und Behörden, deren Handeln manchmal Züge annimmt, die an die autoritäreren Zeiten der deutschen Geschichte erinnern. Das alles sind Hinweise darauf, dass die wahre Gefahr oftmals in den Strukturen selbst liegt – und die Bereitschaft, wirklich grundlegend umzudenken, fehlt vielerorts.
Wohin steuert Deutschland?
Für Unternehmer, Investoren und Freiberufler stellt sich die Frage: Ist Deutschland noch das Land, in dem sie langfristig bleiben und ihre Erfolge aufbauen wollen? Viele sehen die Wegzugssteuer als Symptom einer Entwicklung, die eher abschreckt als motiviert. Immer mehr Menschen machen sich daher auf den Weg ins Ausland – längst nicht, um Millionen zu retten, sondern einfach, weil sie Freiheit und echte Anerkennung für ihre Leistung suchen.
Fazit: Zeit für eine neue Debatte?
Die Diskussion um die Wegzugssteuer ist mehr als nur ein steuerrechtliches Detail. Sie stellt die Frage, wie viel Gestaltungsfreiheit, Vertrauen und Offenheit in Deutschland noch möglich sind. Es lohnt sich, dieses Thema nicht reflexhaft abzublocken, sondern fair, unvoreingenommen und mit Blick auf das große Ganze zu führen. Am Ende geht es darum, wie wir miteinander umgehen, wer in unserem Land noch willkommen ist – und wie mutig wir tatsächlich sind, historische Altlasten zu erkennen und echte Reformen anzugehen.
Wenn du dich als Unternehmer, Investor oder Freiberufler mit dem Gedanken trägst, ins Ausland zu gehen oder einfach deine steuerliche Situation zu optimieren willst – such dir Expertenrat und informiere dich sorgfältig. Deutschland steht am Scheideweg. Die Frage ist: Bleibst du stehen, gehst du weiter oder wagst du den Schritt in die Welt?