Auswandern & die 183-Tage-Lüge: Wann du in Deutschland wirklich steuerpflichtig bist

Hast du schon mal gehört, dass du nach deiner Auswanderung höchstens 183 Tage pro Jahr in Deutschland verbringen darfst, ohne unbeschränkt steuerpflichtig zu werden? Wenn ja, bist du nicht allein. In Foren, YouTube-Videos und sogar renommierten Zeitungen wird diese Regel überspitzt als Gesetz dargestellt. Aber stimmt das überhaupt? Erwartet dich nach 183 Tagen tatsächlich ein Brief vom Finanzamt? Halte dich fest – denn die Realität sieht ganz anders aus!

Der große Irrtum: Es gibt keine 183-Tage-Regel im deutschen Steuerrecht

Viele Auswanderer, Freiberufler oder digitale Nomaden sind verwirrt von Gerüchten zur sogenannten 183-Tage-Regel. Viele Quellen – sogar Berater und Artikel im Handelsblatt – behaupten, nach 183 Tagen in Deutschland (oder weniger) müsse man mit voller Steuerpflicht rechnen. Doch das ist einfach falsch! Das deutsche Steuerrecht erwähnt diese 183 Tage für gewöhnlich überhaupt nicht – zumindest nicht im Zusammenhang mit deiner steuerlichen Ansässigkeit nach dem Wegzug.

Wo kommt also diese Zahl her? Die 183-Tage-Regel findet sich in manchen Doppelbesteuerungsabkommen und in anderen Ländern wie Thailand. Auch in speziellen Fällen, etwa für ausländische Arbeitnehmer mit regelmäßigen Einsätzen in Deutschland, taucht sie im Rahmen der Lohnsteuer auf. Für Auswanderer und Rückkehrer, die privat Deutschland besuchen oder temporär zurückkehren, gilt aber ein anderes Prinzip.

Gewöhnlicher Aufenthalt: Das entscheidende Kriterium

Entscheidend für die Steuerpflicht ist immer der sogenannte „gewöhnliche Aufenthalt“. Laut deutschem Einkommenssteuergesetz (§1 EStG) bist du unbeschränkt steuerpflichtig, wenn du einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hast. Aber was heißt das genau?

Die Antwort liefert §9 der Abgabenordnung: Der gewöhnliche Aufenthalt ist dort, wo du dich unter Umständen aufhältst, die erkennen lassen, dass dein Verbleib nicht nur vorübergehend ist. Als gewöhnlicher Aufenthalt gilt dabei ein zusammenhängender Aufenthalt von mehr als sechs Monaten – kurzfristige Unterbrechungen (wie kurze Reisen) werden nicht berücksichtigt. Doch, und das ist für viele eine Überraschung:

Wenn dein Aufenthalt ausschließlich privaten Zwecken dient (z.B. Familienbesuche, Kuren) und nicht länger als ein Jahr dauert, wirst du in Deutschland NICHT unbeschränkt steuerpflichtig!

Das bedeutet konkret: Wanderst du aus Deutschland aus, kannst du für rein private Zwecke bis zu einem Jahr am Stück in Deutschland verbringen, ohne automatisch wieder steuerpflichtig zu werden. Das ist für viele Neu-Auswanderer eine enorme Erleichterung – und widerspricht völlig dem verbreiteten Mythos.

Schwierigkeiten für Unternehmer und digitale Nomaden

Vorsicht ist trotzdem geboten! Wer als Online-Unternehmer oder Freiberufler unterwegs ist, hat es schwer, die „ausschließlich privaten“ Aufenthalte zu belegen. Arbeitest du auch nur gelegentlich von Deutschland aus, kann das Finanzamt schnell einen steuerlich relevanten Aufenthalt konstruieren. Weiterhin finden sich Graubereiche: Wenn du beispielsweise regelmäßig nach Deutschland zurückkehrst, dort Kunden besuchst oder geschäftliche Interessen verfolgst, gilt dein Aufenthalt womöglich nicht mehr als „privat“.

Ein weiteres Risiko entsteht durch die schwammige Gesetzesformulierung. Der „gewöhnliche Aufenthalt“ kann auch schon bei weniger als sechs Monaten angenommen werden, wenn du immer wiederkehrende, miteinander verbundene Aufenthalte in Deutschland hast – besonders dann, wenn in keinem anderen Land ein klarer Lebensmittelpunkt besteht.

Lebensmittelpunkt und Bezugspunkte: Worauf das Finanzamt achtet

Noch wichtiger als das reine Tageskonto ist für das Finanzamt oft der Lebensmittelpunkt. Wohnst du z.B. dauerhaft im Ausland, hältst dich aber oft und regelmäßig in Deutschland auf, besuchst Verwandte, besitzt dort Immobilien oder Unternehmensbeteiligungen – all das kann zu einer Annahme des gewöhnlichen Aufenthalts führen. Wenn zusätzlich deine/ dein Partner:in oder schulpflichtige Kinder noch in Deutschland leben, gerätst du schnell wieder ins Visier der deutschen Steuerbehörden.

Tipps und Empfehlungen für deinen sicheren steuerlichen Cut

Wenn du wirklich sicher gehen willst, empfehlen erfahrene Berater, nach dem Auswandern mindestens sechs Monate am Stück im Ausland zu verbringen und in dieser Zeit Deutschland bestenfalls gar nicht zu besuchen. Das schafft einen „sauberen Bruch“, der die Beweislast umkehrt und deutlich macht, wo dein Lebensmittelpunkt liegt. Hast du im Ausland einen festen Wohnsitz und den Schwerpunkt deiner wirtschaftlichen und persönlichen Interessen? Dann sind spätere Besuche in Deutschland mit deutlich weniger Risiken verbunden – vorausgesetzt, sie bleiben kurz, selten und dienen ausschließlich privaten Zwecken.

Im Idealfall bist Du in keinem anderen Land der Welt weniger lang als in Deutschland. Andernfalls droht der unangenehme „digitalen Nomaden-Falle“: Kein Aufenthalt ist dominanter als deine wiederholten Besuche in Deutschland, also wird das als gewöhnlicher Aufenthalt gewertet.

Fazit: Plane deine Auswanderung steuerlich clever – lass Dich nicht vom Mythos täuschen!

Das deutsche Steuerrecht ist kompliziert und voller Grauzonen, aber eines steht fest: Es gibt keine allgemeine 183-Tage-Regel für Auswanderer. Entscheidend ist dein gewöhnlicher Aufenthalt und der Nachweis privater Besuchsgründe sowie eines klaren Lebensmittelpunkts im Ausland. Flexible Weltenbummler und Unternehmer sollten besonders auf ihren Aufenthaltsort und -zweck achten und im Zweifel professionelle Beratung in Anspruch nehmen.

Wenn du mit dem Gedanken spielst, auszuwandern, oder schon konkrete Pläne hast: Sei vorbereitet und sorge für rechts- und steuersichere Verhältnisse. Weniger Zeit in Deutschland, mehr Substanz im Ausland – und damit zu mehr Freiheit und finanzieller Unabhängigkeit!

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